AL–Bespitzelung geht auf Lummers Konto

■ Berliner Innenausschuß tagte / Kewenig drückte sich vor Stellungnahme / SPD bestätigt AL–Überwachung: Lummer ordnete Verfassungsschutz–Expertise an

Aus Berlin Till Meyer

Berlins ehemaliger Innensenator Heinrich Lummer (CDU) hat dem Berliner Landesamt für Verfassungsschutz seinerzeit den Auftrag erteilt, zu prüfen, ob die Alternative Liste verfassungsfeindlichen Bestrebungen nachgeht. Der Verfassungsschutz kam, nach Aussage des SPD–Abgeordneten und Mitglied der Parlarmentarischen Kontrollkommission, Pätzold, zu der Ansicht, daß es sich bei der AL um eine „verfassungsfeindliche Organisation“ handelt. Die Aussage des SPD–Abgeordneten und langjährigen früheren Senators, löste auf der gestrigen Sitzung des Berliner Innenausschusses Verwirrung bei den CDU–Mitgliedern aus. Pätzold erklärte darüberhinaus auch, daß der Innensenat dem Verfassungsschutz auf dem Höhepunkt der Bauskandale, in den bekanntlich viele CDU–Mitglieder verwickelt sind, den Auftrag erteilt hat, „belastendes Material gegen die SPD zusammenzutragen, um so die Vorwürfe der SPD–Opposition an den CDU–Senat zu kontern. Begonnen hatte die Sitzung mit einem Eilantrag zur Geschäftsordnung durch den Fraktionsvorsitzenden der AL, Wolfgang Wieland. Wieland verlangte, daß der anwesende Innensenator Kewenig einen Bericht der taz von gestern entweder klar bestätige oder nachkontrollierbar dementiere. Fortsetzung auf Seite 2 Bevor es zu diesem Tagesordnungspunkt kam, verließ Innensenator Kewenig eilig den Sitzungssaal und tauchte im weiteren auch nicht mehr auf. Rede und Antwort auf die Fragen der AL zu stehen überließ er seinem Staatssekretär Müllenbrock. Müllenbrock bestritt, daß die AL als „Partei“ ausgespäht wird, räumte aber ein, daß einzelne Personen, egal welcher Parteizugehörigkeit, der Kontrolle durch den Verfassungsschutz unterliegen, wenn der Verdacht auf verfassungsfeindliche Bestrebungen gegeben ist. Als der SPD–Abgeordnete Pätzold erklärte, daß es auch Hinweise gäbe, wonach auch die SPD „Zielobjekt des Verfassungsschutz sei“,beantragten die beiden CDU–Mitglieder im Innnenausschuß, eine weitere Erörterung über die Praktiken des Verfassungsschutz in nichtöffentlicher Sitzung fortzusetzen. Dem stimmte die SPD zu. Für die SPD ist dies ein neuerlicher Grund, die Alternative Liste nicht weiter von der Parlamentarischen Kontrollkommission der Geheimdienste (PKK) auszuschließen. Auf Anfrage der taz erklärten beide SPD–Abgeordneten, daß sie nun verstärkt den Einzug der AL in dieses Gremium fordern werden und ließen auch keinen Zweifel daran, daß sie vom Innensenat die volle Aufklärung über die Praktiken des Verfassungsschutzes verlangen werden. Innensenator Kewenig äußerte gegenüber der taz, daß er weder den Referatsleiter Backer kennt, noch die „Ordnungsziffer“, unter der die AL– Akten im Verfassungsschutz abgelegt werden“. Die AL ist kein Objekt des Verfassungsschutzes, aber einzelne Personen werden observiert. AL–Fraktionsvorsitzender Wieland wird für die nächste, nichtöffentliche Sitzung des Innenausschusses am 7. Dezember die Anwesenheit des Chefs des Verfassungsschutzes, Wagner, sowie die Anwesenheit von Referatsleiter Backer fordern. Wieland kritisierte, daß der ganze Komplex nun unter Ausschluß der Öffentlichkeit und unter Geheimhaltungsschutz stattfinden soll. Die Alternativen fordern die Offenlegung der Verfassungsschutz–Expertise zu ihrer angeblichen Verfassungsfeindlichkeit, die noch von Ex–Innensenator Lummer in Auftrag gegeben wurde. Zu Beginn der Innenausschußsitzung versuchte Staatssekretär Müllenbrock, die Erörte rung des gesamten Komplexes mit dem Hinweis zu verhindern, man wisse ja, was von solchen Autoren zu erwarten sei. Der Autor des taz– Berichtes, Till Meyer, gehörte früher zur Bewegung „2. Juni“.