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Kampf–Organ

■ Der Berliner Verfassungsschutz bespitzelt AL und SPD

Was man aus Baden–Württemberg und Bonn bereits wußte, ist nun auch in Berlin offensichtlich. Der Verfassungsschutz observiert die Alternative Liste mit dem Ziel, sie als verfassungsfeindlich zu denunzieren. Es verwundert, daß die Tatsache erst jetzt bekannt geworden ist. Immerhin ist die Observation durch den früheren Innensenator Lummer veranlaßt worden, der sechs Jahre im Amt war und sicher nicht erst zum Ende seiner Dienstzeit auf diese Idee gekommen ist. Für die lange Inkubationszeit zwischen Anordnung und Bekanntwerden der Aktion kann es nur eine plausible Erklärung geben: offenbar sind sich immer noch die potentiellen Ausspähungsobjekte über den Charakter der Institution Verfassungsschutz im unklaren. Der Verfassungsschutz arbeitet im Auftrag und Interesse der jeweils herrschenden Partei. Das hat der Bonner Untersuchungsausschuß zur Tiedge–Affäre gezeigt und das findet seine Bestätigung in dem Hinweis des früheren Berliner SPD–Innensenators Pätzold, im Zuge des Berliner Bestechungsskandals (Kennwort Antes–Affäre) hätte der Verfassungsschutz auch nach Schwachstellen bei der SPD gesucht. Obwohl die SPD seit langem wußte, daß sie selbst zum Objekt der Begierde des Geheimdienstes geworden war, hat sie sich nicht öffentlich gewehrt. Der Verfassungsschutz ist eben trotz aller anderslautenden Beteuerungen ein Instrument zur Bekämpfung des politischen Gegners - das weiß die SPD, und danach handelt sie. Daran ändert auch eine Parlamentarische Kontrollkommissio daß auch die Opposition - zumindest die SPD - sich dieses Instruments ebenfalls gerne bedient, wenn sie denn wieder an der Regierung ist. Der Verfassungsschutz ist deshalb weder zu reformieren noch demokratisch zu legitimieren. Entweder man schafft ihn ab oder rechnet damit, daß er das tut, wofür er da ist: den jeweiligen politischen Gegner zu bekämpfen. Jürgen Gottschlich

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