KMK beschließt Abiturreform

■ Kultusminister vereinbaren gegenseitige Anerkennung der Reifezeugnisse / Prüfungsanforderungen verschärft / BundesschülerInnenvertretung lehnt Vereinbarung ab / Konservative Lehrinhalte befürchtet

Karlsruhe (ap) - Die Kultusminister und -senatoren der Länder haben am Freitag in Karlsruhe endgültig die Fortschreibung der gymnasialen Oberstufe beschlossen, auf die sie sich bereits am 1.Oktober grundsätzlich geeinigt hatten. Wie der baden–württem bergische Minister für Wissenschaft und Kunst, Helmut Engler, im Anschluß an die Tagung mitteilte, gab es unter den Ländervertretern keine Meinungsverschiedenheiten mehr darüber. Nach der Vereinbarung müssen mindestens zwei der Fächer Deutsch, Franzö sisch und Mathematik bis zum Abitur durchgehend belegt werden. Deutsch, eine Fremdsprache oder Mathematik müssen im Abitur als Prüfungsfach gewählt werden. Auch das Fach Geschichte und die Naturwissenschaften erhalten höheres Gewicht. Die Gesamtqualifikation, die sich aus den Ergebnissen von Grundkursen, Leistungskursen und den Ergebnissen der Abiturprüfungen zusammensetzt, wird künftig im Verhältnis 1:2:4 (bisher 1:3:4) gewichtet. Zur Profilbildung können künftig auch die Fachrichtungen Wirtschaft und Technik mit verschiedenen, fachrichtungsbezogenen Schwerpunkten angeboten werden. Die auf der Grundlage dieser Vereinbarung erworbenen Zeugnisse der allgemeinen Hochschulreife werden von den Bundesländern gegenseitig anerkannt. Wesentlicher Bestandteil der von den Kultusministern beschlossenen Vereinbarungen ist ein Arbeits– und Zeitplan für die Entwicklung beziehungsweise Ergänzung einheitlicher Prüfungsanforderungen beim Abitur. Als Ziel wird die stärkere Aufnahme von konkreten Lern– und Prüfungsbereichen angegeben, „um ein einheitliches und angemessenes Anforderungsniveau zu sichern“. Das Abitur soll jedoch „um keinen Deut schwerer werden“, versicherte der baden–württembergische Minister, der sein Amt als Präsident der Kultusministerkonferenz 1988 turnusgemäß an den Hessischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Wolfgang Gerhardt, abgibt. In einer ersten Stellungnahme lehnte die BundesschülerInnenvertretung die Vereinbarung ab. Damit werde die in allen Bundesländern bereits vollzogene Zurückschraubung der Bildungsreform von 1972 zementiert, kritisierten die SchülerInnen. Durch die einheitlichen Prüfungsanforderungen sollten konservative Lehrinhalte abgesichert werden. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte, die Vereinbarung zur Oberstufe müsse nun auch zu neuen Initiativen in der Bildungspolitik führen. Wie der baden–württembergische Minister Engler mitteilte, haben sich die Kultusminister auch mit der „sehr starken“ Unterrepräsentation der Frauen in Forschung und Lehre befaßt. Die Konferenz will jedoch keine Aktivitäten entfalten, bevor eine dazu eingesetzte Bund–Länder–Kommission ihre Ergebnisse vorgelegt hat.