Kohl: Ich bin an allem schuld

■ Der Raketenkanzler spielt im Bundestag den Friedenfürst im Gipfelrausch / Neue Defensivwaffen: Knieschoner für Wörner / Mechtersheimer gesteht Fehleinschätzung ein

Bonn (taz) - Wer die gestrige Bundestagsdebatte zum Mittelstrecken–Abkommen verfolgte, konnte nur staunen: Kohl brüstete sich mit dem INF–Vertrag, als wäre er sein eigenes Werk. Vergessen die Polemiken aus dem Unionslager gegen die Doppelte Null–Lösung: „Unsere Politik war immer berechenbar und deshalb erfolgreich.“ Daß versucht wurde, die Verhandlungen durch Überfrachtung mit zusätzlichen Bedingungen zu torpedieren, hört sich heute so an: „Die Bundesregierung hat wesentliche Beiträge zum Gelingen dieses Abkommens geleistet“. Haben die Pershing Ia überhaupt jemals existiert? „An diesem großartigen Erfolg haben viele mitgewirkt, allen voran ...“ - nein. Da nannte der Kanzler doch nicht sich selbst, sondern den US–Präsidenten. Für die Grünen räumte Alfred Mechtersheimer frühere Fehleinschätzungen ein: „Wir haben nicht damit gerechnet, daß das Wettrüsten so schnell an seine wirtschaftlichen Grenzen stößt“. Dadurch sei eine tiefgreifende Neudefinition der nuklearen Beziehungen zwischen den Supermächten in Gang gesetzt worden. Mechtersheimers Fraktionskollegin Angelika Beer überreichte Minister Wörner unter allgemeinem Gelächter ein Paar Knieschoner: Wörner hatte früher in einem unbedachten Moment geäußert, er würde auf den Knien von seinem Wahlkreis bis nach Bonn rutschen, wenn die Mittelstreckenraketen verschwinden würden. CW