AWO–Beratungsstellen in mißlicher Lage

■ Landesrechnungshof wirft Schwangerschaftsberatungsstellen in Nordrhein–Westfalen erhebliche Unregelmäßigkeiten vor

Von Gitti Hentschel

Berlin (taz) - Mehr als 50 von insgesamt 60 Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen in NRW sind aufgrund von Überprüfungen des Landesrechnungshofs ins Zwielicht geraten. Insbesondere in Beratungsstellen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) stellten die Prüfer des Rechnungshofes nach Angaben des NRW–Gesundheitsministeriums zum Teil erhebliche „Unregelmäßigkeiten“ bei der Abrechnung von Geldern fest. Gegen 14 Büros der AWO ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt wegen Verdachts des Subventionsbetrugs. Im wesentlichen konzentrieren sich die Vorwürfe gegen die Beratungsstellen auf zwei Punkte. Zum einen sollen dort Frauen, die eine Abtreibung machen lassen mußten, e von Belegen und unkorrekte Abrechnungen“ festgestellt haben. Ausdrücklich betonte das Ministerium allerdings, daß MitarbeiterInnen sich mit fehlgeleiteten Geldern nicht persönlich bereichert hätten. Dennoch seien insbesondere die Verstöße gegen die Förderrichtlinien äußerst „mißlich“, weil vor allem Pro Familia und die AWO sich immer im Interesse der Frauen für die Möglichkeit der Beratung und Indikationsstellung unter einem Dach stark gemacht hätten. Infolge der Untersuchungen sei nun zu befürchten, daß die Beratungsstellen verstärkt unter Druck gerieten. Der Sprecher des AWO–Landesverbands Westliches Westfalen, Mathias, bezeichnete es als schwerwiegendes Problem, daß in einzelnen Beratungsstellen eigene Forderungen und Grundsätze unterlaufen worden seien, und kündigte verstärkte Kontrollen in den Einrichtungen an. Außerdem gehe er davon aus, daß die weiteren Vorwürfe „Konsequenzen für die Beschäftigten“ hätten, sofern sie zuträfen. Das aber sei noch „genauer zu prüfen“. Mit Entschiedenheit wies dagegen die Vorsitzende des zuständigen Pro Familia Landesverbandes in Essen, Eva Böller, die Vorwürfe zurück. Sie wandte sie sich insbesondere gegen entsprechende Darstellungen des NRW– Gesundheitsministeriums, die „den falschen Eindruck erwecken, Pro Familia sei mitbetroffen“. Tatsächlich aber habe der Landesrechnungshof bei Pro–Familia–Beratungsstellen lediglich „Fachstundenabrechnung“ bemängelt. Dabei gehe es um Verschiebungen von Arztstunden zwischen einzelnen Beratungsstellen, die aufgrund von „Absprachen mit dem NRW–Regierungspräsidenten langjährige Praxis“ seien. Großen Wert legte Frau Böller auf die Feststellung, daß in allen Pro–Familia–Beratungsstellen Arzt, Sozialberater und Psychologe für rat– und hilfesuchende Frauen zur Verfügung stünden.