Sowjet–Mütter begehren auf

■ Die Prawda räumt ihre erste Seite dem Protest sowjetischer Mütter ein / Kritik an Unterstützung für kinderreiche Familien

Moskau (afp) - Die Mütter kinderreicher Familien in der Sowjetunion wollen Demütigungen und Gleichgültigkeit nicht länger hinnehmen. Sie haben es satt, sich in den Läden die Beine in den Bauch zu stehen und Ziel von Spott und Hohn zu sein. In unzähligen Briefen an das Parteiorgan Prawda machten sie ihrer Empörung Luft. Es sei einfach „hart, die kostbare Zeit ewig auf der Suche nach Produkten in den Geschäften zu vertrödeln“, hieß es in einem Schreiben, das gestern von der Prawda veröffentlicht wurde. Die erste Seite widmete das Blatt den Sorgen und der Wut der Mütter. Frau Ziborowa von der Insel Sachalin klagte: „Es ist schrecklich, wenn die Kinder krank werden und ich Kilometer zurücklegen muß, um Medikamente zu besorgen. In dieser Zeit sollte ich eigentlich bei den Kleinen sein.“ Die Geduldsgrenze sei dann erreicht, wenn man ihr in der Apotheke gleichgültig mitteile, daß diese oder jene Arzenei gar nicht vorrätig sei. In der Prawda hieß es dazu, daß auch die finanzielle Unterstützung des Staates für kinderreiche Familien nicht der Rede wert sei. Der Bonus sei „seit einigen Jahren“ festgelegt. Für ihr viertes Kind erhält eine Mutter in der UdSSR etwa zehn Mark im Monat.