INTERVIEW
: „Militärpolitik Alfonsins gescheitert!“

■ Dante Giadone ist Militärexperte vom progressiven Flügel der Regierungspartei

Dante Giadone war maßgeblich beteiligt am Projekt für eine umfassende Militärreform, das Alfonsins Radikale Bürgerunion (UCR) vor der Wahl 1983 präsentierte. 1984 verließ er die Regierung. Heute leitet er die UCR-Stiftung „Arturo Illia“. Das Interview wurde vor der jüngsten Krise geführt.

taz: Herr Giadone, Sie haben 1983 eine radikale Reform der argentinischen Armee vorgeschlagen. Wie sollte die Reform aussehen?

Giadone: Im wesentlichen brauchen wir eine der demokratischen Regierung absolut untergeordnete, moderne, gut ausgebildete Armee mit professionellen Soldaten, die sich als „Bürger in Uniform“ verstehen. Und nicht mit Wehrpflichtigen, die gegenüber den Offizieren und Unteroffizieren Menschen dritter oder vierter Klasse sind.

Was ist aus dem Programm geworden?

Unser Projekt für eine Militärreform war von der Parteiversammlung einstimmig angenommen worden. Doch nachdem die UCR dann 1983 an die Regierung kam, hat man uns übergangen, unser Projekt sei „utopisch“. Man hatte einfach Angst davor, es umzusetzen. Ich denke, die Entwicklung hat uns Recht gegeben, leider.

Und welche Politik hat Alfonsin gemacht?

Den Mitgliedern der Militärjunta wurde der Prozeß gemacht, es gab auch gewisse Änderungen in der Struktur, aber letztlich sind wir näher beim Status quo geblieben als bei den Reformideen. Und die Militärs haben seit 83 viel Boden gewonnen. Es ist offensichtlich, daß die Militärpolitik der Regierung gescheitert ist.

Wie ist heute das Verhältnis des Verteidigungsministers zu den Militärs?

Verteidigungsminister Jaunarena ist ein konservativer Mensch. Er scheint eher ein Sprecher der Armee zu sein als jemand, der politische Entscheidungen bei der Armee durchsetzt. Jaunarena ist der Meinung, daß militärische Fragen von der Armee intern gelöst werden sollten. Im Grunde die gleiche Sichtweise, die auch Präsident Alfonsin selbst hatte: Demokratie sei etwas Zerbrechliches, mit dem man umgehen müsse wie mit einem Kind, das gerade anfängt zu laufen. Wir haben gesagt, daß die Demokratie im Gegenteil in der Militärfrage entschlossenes Handeln der Politiker erfordert. Es gab viel Enttäuschung, weil die versprochene Militärreform nie durchgeführt wurde. Meines Erachtens war sie möglich. Deshalb bin ich aus der Regierung ausgeschieden. Interview: bh