Ein Ende von Androschs Höhenflug?

Der ehemalige Finanzminister Hannes Androsch wurde wegen Falschaussagen zu rund 150.000 DM Geldstrafe verurteilt  ■ Aus Wien Michael Schmid

Zehn Jahre lang war Hannes Androsch Finanzminister, seit sieben Jahren ist er nun Chef der Creditanstalt-Bankverein, der größten Bank Österreichs. Noch. Denn am Mittwoch wurde Androsch wegen falscher Zeugenaussage in zwei Fällen von einem Wiener Gericht zu einer Geldstrafe von 1,080 Mio. Schilling (rund 150.000 DM) verurteilt. Dem einstigen politischen Ziehsohn Bruno Kreiskys droht damit der Rausschmiß aus der mehrheitlich verstaatlichen Creditanstalt. Deren Aufsichtsratsvorsitzender Fritz Bock, ein ehemaliger Minister der Konservativen Volkspartei ÖVP, hat bereits angekündigt, bei der nächsten Aufsichtsratssitzung für eine Suspendierung Androschs als Generaldirektor zu votieren, auch wenn dieser Berufung eingelegt habe und das Urteil somit noch nicht rechtskräftig sei.

Eine der beiden falschen Zeugenaussagen Androschs stammt aus einem parlamentarischen Untersuchungsverfahren, in dem der Skandal um Bestechungen beim Neubau des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) in Wien durchleuchtet worden war. Androsch hatte damals behauptet, sein Girokonto den Finanzbehörden vollständig offengelgt zu haben. Falschaussage Nummer zwei betrifft Wertpapierkonten, über die Androsch einer Untersuchungsrichterin gegenüber behauptet hatte, sie gehörten seinem reichen Wahlonkel Steiner. Der inzwischen verstorbene Wahlonkel war in Österreich zu einiger Berühmtheit gekommen. Er war stets bemüht worden, wennn es darum ging, die ganz und gar nicht bescheidene Vermögensverhältnisse des Sozialisten Androsch zu erklären.

Obschon Androsch in den letzten Jahren immer wieder verschiedener Finanzverfahren ins Gerede gekommen ist, hat das seiner Popularität kaum geschadet. Hinter ihm steht eine der mächtigsten SPÖ-Bezirksorganisationen, die des Wiener Arbeiterbezirkes Floridsdorf. Und auch die größte österreichische Tageszeitung, die Kronenzeitung mit ihren über 2,5 Mio. Lesern, hält treu zu ihm. Erst kürzlich lief eine von Androsch verfaßte Serie zum geschichtsträchtigen Jahr 1938 (“Anschluß ans Reich“) in der Kronenzeitung an, deren Erscheinen Krone-Herausgeber Dichand auch damit begründete, Androsch und seine Familie seien einer jahrelangen Medienhetze ausgeliefert gewesen. Angesprochen ist damit vor allem das Nachrichtenmagazin profil, das wesentlich an der Aufdeckung des AKH-Skandals beteiligt war. Inzwischen forderte der neue ÖVP-Generalsekretär Helmut Kukacka Androsch zum Rücktritt als CA-Generaldirektor auf. Sehr viel moderater gibt sich da schon der Generalsekretär der Industriellenvereinigung , Herbert Krejci, der zu bedenken gibt, daß Androsch große Leistungen für die Bank erbracht habe und eine der großen politischen Begabungen des Landes sei. Die Entscheidung über Androschs Posten werde der Aufsichtsrat fällen. Ähnlich äußert sich auch der Ex- Banker und jetzige Vorstandvorsitzende der Republik Österreich Franz Vranitzky von der SPÖ. Der Bundeskanzler glaubt, daß die Entscheidung über Androschs Verbleib an der Spitze der Kreditanstalt zwischen dem Aufsichtsrat und dem Vorstandsvorsitzenden Androsch selbst fallen werde.

Wie auch immer der Aufsichtsrat entscheiden mag: Androschs Hausmacht in der SPÖ, seine guten Beziehungen in der Industrie und die politische und wirtschaftliche Stimmung kommen ihm, der Verkörperung des jungen dynamischen und erfolgreichen Managers, fraglos zugute.