Polizei räumte in Gorleben auf

■ Nach 24 Stunden Blockade durch Bauern des Wendlands kam die Polizei / Rabiates Vorgehen der Ordnungshüter veranlaßte Bauern zum Rückzug nach Lüchow / Aufgeblähte Atomfässer bleiben in Gorleben

Genau 24 Stunden und 10 Minuten dauerte die Blockade der „Bäuerlichen Notgemeinschaft“ vor dem Gorlebener Zwischenlager. Gestern morgen um 9.35 Uhr wurde die Situation, wie ein Lüneburger Polizeisprecher sich ausdrückte, unter Einsatz einer Hundertschaft „bereinigt“.

Als die Polizisten samt schwerem Räumgerät am Morgen vor den Toren des Zwischenlagers anrückten, in deren Inneren sich die aufgeblähten Atommüllfässer befinden, waren die neben den etwa 30 Schleppern campierenden Bauern und Bürgerinitiativler völlig überrascht. Die meisten Landwirte waren zum Füttern gefahren, als ein Polizeisprecher die zurückgebliebenen Demonstranten ultimativ aufforderte, die Zugmaschinen innerhalb von wenigen Minuten zu entfernen. Die Beamten gingen nach Darstellung von Augenzeugen gleich ziemlich rabiat an die vor den Lagertoren aufgestellten Trecker ran und versuchten, die Räummaschine an dem ersten Fahrzeug zu befestigen. Unter diesem Druck räumten die herbeigerufenen Landwirte schließlich die Stellung: „Man mußte um jeden Schlepper fürchten.“

Der ganze Trecker-Konvoi setzte sich dann nach „Lüchow in Bewegung, wo man sich vor dem Kreishaus aufstellte, und forderte von Oberkreisdirektor Poggendorf – einem alten Bekannten der wendländischen Atomgegner – empfangen zu werden. Eine Delegation von drei Bauernvertretern wurde schließlich vorgelassen, die noch einmal ihre Forderungen vortrugen. Vergeblich.

Man müsse alles nochmal prüfen, es sei keinerlei Gefahr im Verzug, so der Standpunkt der Lüchow-Dannenberger Kreisverwaltung.

Weder ist man bereit, die umstrittenen Atomfässer sofort aus dem Zwischenlager zu entfernen, noch wegen Vertragsbrüchigkeit der Brennelementlager-Gesellschaft (BLG) den Ansiedlungsvertrag mit der Atomfirma zu kündigen. Auch die Forderung, die aufgeblähten Fässer umzulagern, damit sie zumindest nicht nebeneinanderstünden, wurde von Poggendorf als unsinnig abgetan. BLG-Boss König hatte noch am Vorabend auf einer Ratsversammlung im angrenzenden Gartow erklärt, eine Umschichtung der Fässer sei viel zu riskant.

Abwiegelnde Töne auch aus Hannover. Dort hatte Umweltausschuß-Mitglied zur Horst (SPD) auf einer Sondersitzung laut Protokoll erklärt, daß in Gorleben eine bestimmte Menge an Atomfässern illegal lagere. Inzwischen hat zur Horst diese Äußerung in einer Presseerklärung zurückgenommen. Gabi Haas