Britisches Anti-Terrorismusgesetz verewigt

Unterhaus in London folgt damit der Empfehlung des Innenministers / Bürgerrechtsorganisation vergleicht Gesetzgebung mit Praxis gegen Dissidenten in der UdSSR / Europäischer Menschenrechtsgerichtshof entscheidet dieses Jahr über Rechtmäßigkeit  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Der britische „Prevention of Terrorism Act (PTA)“ (Gesetz zur Verhinderung des Terrorismus) wird ab März 1989 nicht mehr auf ein Jahr begrenzt sein, sondern zu einer ständigen Einrichtung werden. Das gab Innenminister Hurd am Dienstag um Mitternacht vor dem britischen Unterhaus bekannt, nachdem das Parlament die Verlängerung des Gesetzes bis März 1989 mit 99 Stimmen Mehrheit verabschiedet hatte. Es folgte damit der Empfehlung eines Untersuchungsberichtes von Lord Colville vom November letzten Jahres. Hurd begründete seine Entscheidung damit, daß sich die britische Gesellschaft gegen Terroristen schützen müsse, da das Problem des Terrorismus offensichtlich nicht von selbst verschwinden würde.

Der PTA wurde 1974 eine Woche nach den IRA-Bombenanschlägen in Birmingham eingeführt, bei denen 21 Menschen starben. Das Gesetz mußte zunächst alle sechs Monate vom britischen Parlament verlängert werden. In den ersten zehn Jahren wurde es ausschließlich gegen IrInnen angewandt. Erst 1984 wurde seine Gültigkeit auf Bürger anderer Staaten erweitert, weil die britische Regierung Anschläge libyscher Organisationen in Großbritannien befürchtete.

Das Gesetz stattet die Polizei mit weitgehenden Vollmachten aus. So können Personen nach dem PTA bis zu sieben Tagen ohne Anklage festgehalten werden. Der Weg zu den Gerichten ist den Betroffenen verwehrt. Darüber hinaus kann „unerwünschten Personen“ das Betreten Großbritanniens ohne Begründung verboten werden. Auch dagegen ist keine Klage möglich. Diese Regelung gilt auch für NordirInnen, obwohl sie nach britischem Recht Staatsbürger Großbritanniens sind. Seit 1974 wurden 245 NordirInnen und 40 Staatsbürger der Republik Irland an der Einreise nach Großbritannien gehindert. In Nordirland wird der PTA in Verbindung mit dem Sondergesetz EPA (“Emergency Provisions Act“) angewendet. Danach dürfen Personen nur 48 Stunden festgehalten werden, aber ist es ihnen nicht gestattet, Verbindung mit einem Rechtsanwalt oder mit Verwandten aufzunehmen.

Der Erfolg des PTA ist äußerst zweifelhaft. Seit 1974 sind über eine Million Menschen nach dem Gesetz verhört worden, aber nur in 180 Fällen kam es zu einer Anklage. Die britische Bürgerrechtsorganisation NCCL bezeichnete das Terrorismusgesetz als Bruch der Europäischen Menschen rechts-Konvention und verglich das Einreiseverbot für Bürger Nordirlands mit der Praxis der Verbannung von Dissidenten in der Sowjetunion. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wird noch in diesem Jahr über die Rechtmäßigkeit des Gesetzes entscheiden.

Die Entscheidung des britischen Innenministers wurde von der Labour Party und den irischen Parteien heftig kritisiert. Die anglo-irischen Beziehungen sind auf dem Nullpunkt angelangt. Der irische Oppositionsführer Dukes nannte das Gesetz eine „unnötige Provokation“, deren Zeitpunkt nur zwölf Stunden vor dem Zusammentreffen der anglo-irischen Konferenz von besonderer Ignoranz der britischen Regierung zeuge. Dukes forderte Regierungschef Haughey auf, Margaret Thatcher zu einer Rücknahme der Entscheidung zu drängen.