Waffen für „Colonia Dignidad“

■ Geflohener Mitbegründer der deutschen Siedlung im Süden Chiles berichtet von Waffengeschäften / Lieferungen aus der Bundesrepublik / Bundestag soll sich befassen

Berlin (dpa/taz) - Die Colonia Dignidad, eine deutsche Siedlung im Süden Chiles, wo der Sektenführer Paul Schäfer etwa 300 Personen gefangen hält, hat Waffenlieferungen aus der Bundesrepublik erhalten. Dies meldet der „Stern“ in seiner heutigen Ausgabe. Noch im vergangenen April wurde in der nordchilenischen Hafenstadt Antofagasta ein Container mit Patronen für Pistolen und Gewehre von den Zollbehörden beschlagnahmt, dann aber auf Intervention chilenischer Regierungskreise an die Colonia Dignidad weitergeleitet. Daß die Kolonie, in der Mißhandlung, Psychofolter und Arbeitszwang zum All tag gehören, im Waffengeschäft aktiv war, behauptet auch Hugo Baar, Mitbegründer der Siedlung. Schon 1985 wurde in einem internen Protokoll einer „außergewöhnlichen Generalversammlung“ der Colonia Dignidad, das der taz gesteckt wurde, beklagt, daß Baar und das Ehepaar Packmoor, die kurz zuvor aus der Siedlung geflohen waren, diese in anonymen Briefen - auch an die Deutsche Botschaft in Santiago - „des Waffenschmuggels in großem Umfang“ bezichtigten. Vor einem Unterausschuß des Bundestages werden am Montag Baar, Lotte Packmoor, zwei ehemalige deutsche Botschafter in Santiago sowie die beiden CSU– Mitglieder Boßle und Vogelsgesang, die einst beide gern gesehene Gäste der Kolonie waren, aussagen. Die skandalösen Verhältnisse in der deutschen Siedlung in Chile, Folter und Freiheitsberaubung, sind zwar dem Auswärtigen Amt in Bonn bereits über ein Jahrzehnt bekannt. Doch erst nachdem im Oktober Baar und die Packmoors mit neuen Enthüllungen an die Presse traten, sah es sich bemüßigt, eine Kommission nach Chile zu entsenden. Die Colonia Dignidad, die mit Stacheldraht und Elektrozaun abgeriegelt ist und von einer eigenen, schwer bewaffneten Truppe bewacht wird, verwehrte der Kommission allerdings den Zutritt. thos