Q U E R S P A L T E Mutiges Urteil

■ Zum Frankfurter Sare–Prozeß

Es gibt noch Richter in Deutschland. Was keiner mehr für möglich gehalten hatte, in Frankfurt wurde es Wirklichkeit: Richter, die für ein „Gefälligkeitsurteil“ nicht zu haben waren. Nach fast unerträglichem öffentlichem Druck schafft der Freispruch jetzt endlich Erleichterung. Es muß aber daran erinnert werden, mit welchen Methoden Ermittlungsbehörden und Anklage praktisch eine Vorverurteilung über Monate und Monate hin praktizierten. Zuerst waren die beiden Polizeibeamten, obwohl keine Fluchtgefahr bestand, unter Vorwänden in Untersuchungshaft genommen worden, isoliert, schikanösen Besuchsregelungen unterworfen. Gleichzeitig wurden fast die gesamte Verwandtschaft und sogar Bekannte der Beschuldigten verhört, eingeschüchtert oder auch mit Hausdurchsuchungen überzogen. Immer war „Gefahr im Verzuge“, Hausdurchsuchungsbefehle schienen nicht nötig. Beurteilungen aus der Personalakte wurden in die örtliche Boulevardpresse lanciert. Informationsstände von protestierenden Freunden wurden kurzerhand verboten. Gleichzeitig wurden die disziplinarischen Untersuchungen trotz des Strafverfahrens verstärkt weitergeführt. Die Stimmungsmache ging so weit, daß den Beschuldigten sogar unterstellt wurde, ihre Hand beim Verschwinden des berühmten Fotos im Spiel gehabt zu haben. Aber was keiner mehr für möglich gehalten hatte, in Frankfurt wurde es Wirklichkeit: Ein Zeichen wurde gesetzt. Der alte Rechtsgrundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ gilt wieder. Ein mutiges Urteil. KD Wolff, Verleger in Frankfurt