Vietnam: Machtkampf um Reformen

■ Für den Ministerpräsidenten wird ein Nachfolger gesucht / Der Insel–Streit mit China eskaliert

Hanoi/Berlin (afp/taz) - Mit einem Staatsakt auf dem Friedhof von Hanoi endete gestern die dreitägige Staatstrauer für Ministerpräsident Pham Hung, der am vergangenen Donnerstag im Alter von 75 Jahren einem Herzinfarkt erlegen war. Mit dem Tod Pham Hungs beginnt in Hanoi erneut das Gerangel um einen Nachfolger. Die Wahl des konservativen Hung zum Regierungschef im Juni 1987 war damals als Übergangslösung interpretiert worden. Die „alte Garde“ sollte die Macht bis zur Heranbildung einer jüngeren Führungsschicht sichern. Hungs Tod könnte jetzt einerseits den Weg für reformorientierte Politiker freimachen, andererseits stürzt die neue Situation das Land in einer Zeit desolater wirtschaftlicher Verhältnisse in große Unsicherheit. Bis zu den Wahlen im kommenden Juni ist Phams bisheriger Stellvertreter Vo Van Kiet mit den Amtsgeschäften betraut worden. Er gilt bislang auch als aussichtsreichster Nachfolge–Kandidat. Als Kompromißkandidat zwischen den Flügeln gilt der 70jährige zweite Mann im Parteisekretariat, Do Muoi. Eine weitere Übergangsregelung würde allerdings die Bevölkerung, die auf überfällige Wirtschaftsreformen hofft, erneut enttäuschen. Vietnams Reformkurs wird außerdem durch den langjährigen Konflikt mit China belastet. Trotz einer Kondolenzbotschaft Chinas zum Tod des Ministerpräsidenten kam es am Montag zu einem Schußwechsel zwischen vietnamesischen und chinesischen Kriegsschiffen in der Nähe der umstrittenen Spratley–Inseln. FORTSETZUNG VON SEITE 1