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Mitbestimmungsrecht beschnitten

■ Hessen: Neues Personalvertretungsgesetz schränkt Mitbestimmung im öffentlichen Dienst ein / Technologien und Arbeitsplatzgestaltung künftig Gegenstand der Tarifverhandlungen

Wiesbaden (sp/taz) - Der hessische Landtag hat gestern mit den Stimmen von CDU und FDP ein neues Personalvertretungsgesetz für den öffentlichen Dienst beschlossen, das die Mitbestimmungsrechte der PersonalvertreterInnen erheblich einschränkt. Die Mitbestimmungsrechte, die die heutige Oppositionsparteien SPD und Grüne mit ihrer damaligen Mehrheit 1984 festgeschrieben hatten, wurden jetzt in wesentlichen Bereichen wieder rückgängig gemacht. Die Änderungen im neuen Gesetz gehen sogar noch über die Entscheidung des hessischen Staatsgerichtshofs vom April 1986 hinaus, der Teile des alten Gesetzestextes für verfassungswidrig erklärt hatte. Als politisch wichtigste Änderungen bezeich nete der Frankfurter ÖTV–Personalratsvorsitzende Achim Vandreike die Rücknahme des Letztentscheidungsrechts der Einigungsstelle. Darin sind Personalräte und Arbeitgeber paritätisch vertreten. Bisher hatten sie das letzte Wort bei Verwaltungs– und Behördenorganisation und bei den wirtschaftlichen Angelegenheiten der öffentlichen Betriebe. Mit der Einführung des neuen Gesetzes haben sie unter anderem nur noch beratende Funktionen. Beispielsweise bei der Einführung neuer Techniken, die geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigen zu überwachen. Auch bei der Besetzung von leitenden Positionen fällt, nach dem jetzt verabschiedeten neuen Gesetz, das Mitbestimmungsrecht weg. „Dadurch werden politische Konflikte von vornherein abgebogen“, sagte der Vandreike. Das Letztentscheidungsrecht liegt nun bei der Regierung bzw. dem Magistrat. Um der Beschneidung der Mitbestimmungsrechte entgegenzuwirken, wird nach Vandreike in der ÖTV diskutiert, „die Bereiche neuer Technologien und Gestaltung neuer Arbeitsplätze in Zukunft nicht mehr über die Personalräte zu regeln, sondern in die Tarifverträge miteinzubeziehen“. Vom 1.Mai bis 15.Juli sollen in Hessen alle Personalräte sowie die Jugend– und Ausbildungsvertetungen nach dem neuen Gesetz gewählt werden. SPD und Grüne kritisierten die Änderungen als einen gewaltigen Rückschritt in der Mitbestimmung. Kathrin Elsner

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