Deutsche im Irak

Spätestens seit die New York Times im Frühjahr 1984 berichtete, die beiden bundesdeutschen Firmen Karl Kolb/ Pilot Plant lieferten Laboranlagen für die Entwicklung von Schädlingsbekämpfungsmitteln (Pestizide) in den Irak, ist der Verdacht nicht mehr von der Hand zu weisen, der Irak benutze eben diese Anlagen zur Herstellung von C–Waffen. Nachdem die Bundesregierung sich anfänglich noch auf den Standpunkt gestellt hatte, die von Kolb/Pilot Plant gelieferten Anlagen bedürften keiner besonderen Genehmigung, da sie nicht „besonders zur Herstellung von Giftkampfstoffen konstruiert“ seien, änderte sie später, vor allem unter amerikani schem Druck, die Genehmigungserfordernis für den Export bestimmter Chemieanlagen, um damit weitere Lieferungen von Kolb/Pilot Plant zu stoppen. Zunächst ohne Erfolg, da die gesetzliche Änderung Formfehler aufwies, die den Firmen einen gerichtlichen Erfolg bescherte. Im Zuge des Prozesses wurde zwar festgestellt, daß mit den von Kolb gelieferten Laborgeräten eine Giftgasproduktion nicht möglich ist, da es sich lediglich um Analysegeräte handelt. Daß aber die von Pilot Plant gelieferten Anlagen, „wenn auch mit erheblichem Aufwand“, zur Produktion von Giftgas umgebaut werden können, mochten auch Vertreter von Pilot Plant und Kolb nicht ausschließen. Zu diesen Aussagen kommt die simple Überlegung, daß ein Land wie Irak, das nachweislich Giftgas eingesetzt hat, kaum Millionen allein für die Erforschung von Pflanzenschutzmitteln investiert. Aus dieser Überlegung heraus hatte die Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker im Sommer 87 gemeldet, die Firma Kolb liefere die Ausrüstung für die Senfgas - und Tabunproduktion für Iraks Giftgaskrieg. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung mußte die Gesellschaft sich verpflichten, diese Behauptungen nicht weiter aufrechtzuerhalten , erzielte aber dennoch einen Teilerfolg. Auch in diesem Prozeß mußten die Firmenvertreter die Möglichkeit der Zweckentfremdung ihrer Anlagen einräumen. Daraufhin ging die Gesellschaft mit einer anderen Erklärung an die Öffentlichkeit, gegen die Kolb erneut klagte, diesmal vor Gericht aber unterlag: „Karl Kolb und Pilot Plant bestreiten, daß mit den von ihnen an Irak gelieferten Anlagen chemische Kampfstoffe hergestellt werden können. Die Beweise, die der deutschen Regierung von amerikanischen Geheimdienstoffizieren vorgelegt wurden, erzählen etwas anderes. Den Amerikanern zufolge hat Kolb mindestestens sieben Anlagen in kleinerem Maßstab geliefert, von denen vier aus Produktionsstraßen bestanden. So wie von den Irakern übernommen, konnte jede der empfindlichen Produktionsstraßen eine Rohmaterialeingabe von monatlich 4.000 Litern bewältigen und waren hochkompatibel mit den Rohstoffen, die entweder für hochentwickelte Pestizidherstellung oder Giftgas gebraucht wurden“. Seit Ende letzten Jahres ermittelt die Staatsanwaltschaft Darmstadt erneut gegen Kolb und andere. Bislang ohne Ergebnis. Auf Initiative der Gesellschaft für bedrohte Völker ist seit März ein Hilfsprogramm für kurdische und assyrische Gasopfer angelaufen. Spenden bitte auf das Postscheckkonto Hamburg 7400 In Berlin findet am Samstag 12 Uhr eine Protestkundgebung an der Gedächtniskirche statt. jg