Palästinenser–Aktionen zum Shultz–Besuch

■ Neues Kommunique der Führung des Aufstands / Heftige Auseinandersetzungen am „Tag der Erde“ / Israel hebt Absperrung wieder auf / Neue Reisebeschränkungen / Zweite Nahost–Reise des US–Außenministers / Shultz–Pläne bisher auf wenig Gegenliebe gestoßen

Jerusalem/New York (rtr/ap/ taz) - Nach dreitägiger Abriegelung der besetzten Gebiete hat Israel die Sperre am Freitagmorgen wie angekündigt wieder aufgehoben. Ein hoher Regierungsbeamter drohte zugleich jedoch mit noch drastischeren Maßnahmen, falls die Unruhen nicht nachließen. Damit ist zunächst nicht zu rechnen. In einem Kommunique Nummer zwölf kündigte die Untergrundführung des Aufstands neue Aktionen und Streiks anläßlich des Besuchs von US–Außenminister George Shultz an, der am Sonntag in Israel eintreffen wird. Shultz will bei seiner zweiten Nahost–Rundreise innerhalb weniger Wochen erneut für seinen Friedensplan werben. Die PLO lehnt diesen Plan ab, da keine Beteiligung ihrer Vertreter an möglichen Verhandlungen vorgesehen ist. In dem Kommunique werden daher die Palästinenser in den besetzten Gebieten aufgefordert, sich nicht mit dem US–Außenminister zu treffen. Für Montag ist ein neuer Generalstreik angekündigt. Die Protestaktionen sollen im Vorfeld des 9. April, dem Beginn des fünften Monats des palästinensischen Aufstands, verstärkt werden. Ferner werden Strafaktionen gegen Mitarbeiter der israelischen Besatzungsbehörden angekündigt, die bislang nicht von ihren Posten zurückgetreten sind. Allein die Veröffentlichung des Kommunique ist ein Politikum, denn nach den Massenverhaftungen im Vorfeld des „Tags der Erde“ hatten die Sicherheitsbehörden behauptet, zahlreiche Anführer des Aufstands, darunter auch die Autoren des letzten Flugblatts, festgenommen zu haben. Der Aktionstag am Mittwoch hat zudem gezeigt, daß die Proteste nicht einfach eingestellt werden, sobald die Medien ausgesperrt sind. Ganz im Gegenteil erwies sich der 30.März, an dem die Palästinenser alljährlich der sechs Opfer einer Demonstration gegen die Landenteigungen im Jahre 1976 gedenken, als einer der Tage der heftigsten Auseinandersetzungen. Mindestens vier Palästinenser wurden getötet, über 70 weitere wurden verletzt, ebenso wie drei israelische Soldaten. Demonstrationen der 700.000 in Israel lebenden Palästinenser verliefen ohne Zwischenfälle. Am Freitag hat es erneut schwere Unruhen gegeben. Aus Palästinenserkreisen verlautete, zwei Jugendliche seien erschossen worden, als Soldaten eine Mo schee gestürmt hätten. Die gleichzeitig mit der am Montag abend verhängten Absperrung der besetzten Gebiete verfügte Ausgangssperre im Gaza–Streifen wurde bereits am Donnerstag nachmittag wieder aufgehoben. Nachts gilt jedoch weiterhin eine fünfstündige Ausgangs sperre. Gleichzeitig kündigte das Innenministerium am Donnerstag neue Reisebeschränkungen an. Danach dürfen die im annektierten Ostjerusalem lebenden Palästinenser im Alter von 16 bis 35 nur noch nach Jordanien reisen, wenn sie eine Sondergenehmigung eingeholt haben und mindestens neun Monate dort bleiben. Im Vorfeld des Shultz–Besuchs ist der israelische UNO–Botschafter Benjamin Netanjahu am Mittwoch zurückgetreten aus Protest gegen ein Treffen des US–Außenministers mit zwei Mitgliedern des palästinensischen Exilparlaments, die die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzen. Netanjahu sagte, ihm scheine, die PLO solle durch die Hintertür in die von den USA befürwortete internationale Nahost–Konferenz eingeschleust werden. Shultz verteidigte sein vorige Woche geführtes Gespräch mit den Worten, es sei doch wohl der Gipfel, ihm einreden zu wollen, er dürfe nicht mit Bürgern der USA zusammentreffen. Israelische Regierungsvertreter gehen jedoch nicht davon aus, daß Shultz während seines Besuchs von Shamir eine positive Antwort auf seine Vorschläge erwartet. Die Position von Shultz sei: „Im Falle von Personen, die nicht Nein gesagt haben, wird davon ausgegangen, daß sie die Shultz–Vorschläge akzeptiert haben.“ Sollte keine der Regierungen der Region sein Projekt ablehnen, will Shultz sich um die sowejtische Zustimmung bemühen, um die Einladung für die internationale Gesprächsrunde am 1.Mai loszuschicken.