: Österreicher gegen WAA
■ Österreichische Delegation übergibt über eine viertel Million Einwendungen gegen WAA / 2.000 Einsprüche aus anderen Ländern / CSU–Landkreis reiht sich ein
Aus München Luitgard Koch
München (taz) - „Das hat selbst unsere kühnsten Erwartungen übertroffen“, erklärte gestern in München der Vertreter der österreichischen überparteilichen Plattform gegen die WAA, Hannes Augustin: Auf über eine viertel Million, rund 260.000, ist die „Einwandslawine“ aus Österreich gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage im bayerischen Wackersdorf angewachsen. Allein in Vorarlberg wurden bei 300.000 Einwohnern rund 47.000 Einwendungen gesammelt. In der Landeshauptstadt Salzburg haben sich 40 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Zwei Drittel der neun österreichischen Bundesländer haben Einwendungen verfasst. Die zweimonatige Einwendungsfrist im stromrechtlichen Genehmigungsverfahren der WAA läuft am Freitag ab. „Noch nie hat sich eine Bevölkerung über Staatsgrenzen hinweg derart massiv an einem amtlichen Genehmigungsverfahren beteiligt“, so Augustin. Damit, hofft der Atomkraftgegner, werden auch Maßstäbe gesetzt für das internationale Umweltrecht. Zum Vergleich: Damit das österreichische Parlament ein bundesweites Volksbegehren behandeln muß, sind 100. 000 Unterschriften notwendig. In Paketen zu 1.000 Stück gebündelt und notariell beglaubigt wurden die österreichischen Einwendungen gestern im bayerischen Umweltministerium vom Leiter der Abteilung Kernenergie, Ministerialdirigent Josef Vogl, entgegengenommen. Der Salzburger Bürgermeister Joseph Reschen (SPÖ) bezeichnete die Aktion „als unüberhörbaren Appell der Bürger an die ökologische und ökonomische Vernunft der politischen Verantwortlichen“. Weitere 2.000 Einwendungen von Bürgern aus 14 Ländern, darunter Italien, Spanien, Schweiz und USA, wird der Münchner Rechtsanwalt Johann Christoph Werner im Auftrag der „Anti– Atom–International“ (AAI), mit Sitz in Wien, überreichen. Fortsetzung auf Seite 2 Die internationale Beteiligung an einem Genehmigungsverfahren für eine Atomanlage ist weltweit ein Novum. „Wir sind der Ansicht, daß der Ausstieg nur durch internationale Beteiligung durchgesetzt werden kann, weil ja auch die Atombefürworter international organisiert sind“, erklärte die Sprecherin des Wiener Ökoinstituts, Antonia Wenisch. Weltweit schlossen sich nach der Internationalen Reaktorsicherheitskonferenz (IAO) in Wien im vergangenen Jahr Atomgegner zum AAI zusammen. Vor allem die Angst vor einer deutschen Atombombe ist ein Hauptargument der ausländischen AKW–Gegner gegen den Bau der WAA. Doch bei den Einwendungen allein soll es nicht bleiben. Die 2.000 Einwender haben vor, gegen die Genehmigung der WAA auch zu klagen. Das ist nach einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom Dezember 1986 möglich. Im Kampf gegen die Oberpfälzer Atommüllfabrik haben sich diese Woche auch die Mitglieder des Kreistags aus dem Berchtesgadener Land eingereiht. Mit 20 zu 19 Stimmen wurde im Kreistag ein Dringlichkeitsantrag der grünen Kreisräte befürwortet. Fünf CSU– Kreisräte stimmten offen für den Antrag und gegen den schwarzen Pro–Atom–Kurs der CSU. CSU– Landrat Martin Seidl konnte es zunächst gar nicht glauben. Er ließ noch einmal abstimmen. Diesmal mußten die WAA–Gegner aufstehen.
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