Mitterrand - Mann der Synthese

■ Der Mythos Mitterrand macht seine Partei auch im Elsaß stark

Aus Straßburg Martina Kirfel

„Ein Franc die Fahne des Präsidenten!“ - „Zehn Franc der Anstecker des Präsidenten!“ - Vorbei an den Bauchladenmännern strömt die Menge zum Veranstaltungszelt. 15.000 sind zur Wahlveranstaltung Franois Mitterrands in Straßburg gekommen. Erstmals seit Beginn der V. Republik ist die PS in dieser traditionell konservativen Gegend politische Kraft Nummer eins. In den 70er Jahren war bei solchen Anlässen noch die „Internationale“ zu hören - heute beginnt das Programm mit „Douce France“ des Altstars Charles Trenet. „Mitterrand! Mitterrand!“ skandieren Sprechchöre. Die Rednertribüne an der Stirnseite des Zelts ist ein monumentales Gesamtkunstwerk: eine Trikolore im Häuserwandformat. Die Fahnen bewegen sich leise im Wind der Ventilatoren, überall stehen Video–Leinwände mit dem überlebensgroßen Kopf des Präsidenten. Mitterrands Thema ist die „Synthese“. Synthese Europa. Synthese Umweltschutz und Forschung. Synthese Staat und Familie. „Frankreich soll im Zentrum von Europa stehen. Wir wollen der japanischen und amerikanischen Invasion widerstehen.“ Die Menge jubelt und schwenkt kleine Trikoloren. „Ich bedauere, daß der Rhein, dieser mythische und romantische Strom Europas, zur Kloake verkommen ist. Die Natur zu schützen ist unbedingt notwendig.“ Das richtet sich an die fast zehn Prozent Grün–Wähler im Elsaß. Chirac und Le Pen werden nicht erwähnt. Aber ihre Werte „Familie“ und „Nation“ durchziehen die ganze Rede Mitterrands. Am Ende erklingt die Marseillaise. Monsieur le President verläßt das Pult. Soldatisch stellt er sich unter der Trikolore auf. In die Fahne projiziert erscheint das Bild der kriegerischen Marianne. Dann der Slogan: „La France unie“. Zum Schlußsatz der neunten Symphonie von Beethoven zieht Mitterrand im Licht eines Spots durch die Menge zum Ausgang.