CDU/CSU trainiert rechtes Bein

■ Unionspolitiker polemisieren gegen Arbeitslose und Asylbewerber / Tandler: „10 Prozent sind arbeitsunwillige Drückeberger“, Späth: „Scheinasylanten ernsthafte Gefahr“

Berlin (dpa/taz) - Führende Unionspolitiker haben am Wochenende unverhohlene Sympathieerklärungen an rechte Wählerschichten abgegeben. Baden– Württembergs Ministerpräsident Späth erneuerte seine Forderung nach einer Änderung des Grundgesetzes zur Lösung des „Asylantenproblems“. Diese Verfassungsänderung hatte Späth bereits unmittelbar nach dem erschreckend guten Abschneiden der rechten Splitterparteien bei den baden– württembergischen Landtagswahlen gefordert. In einem Beitrag der Samstagsausgabe der Stuttgarter Nachrichten erklärte Späth, die bisherigen Rechtsänderungen hätten nichts dazu beigetragen, „Scheinasylanten“ wirksam abzuweisen. Nur mit einer solchen Grundgesetzänderung könne die ernste Gefahr eines aufkeimenden Ausländerhasses gebannt werden. Dem widersprach Hessens Ministerpräsident Wallmann, CDU, entschieden. Vor dem CDU–Landesausschuß erklärte Wallmann, eine Grundgesetzänderung kommen „nicht in Frage“, auch ein Gesetzesvorbehalt sei nicht sinnvoll, da dadurch der Eindruck einer Aushöhlung des Asylrechts entstehe. Eine zweite Zielgruppe volkstümlicher Ressentiments, für die ebenfalls Lothar Späth in jüngster Zeit Vorreiter gewesen war, hatten sich am Wochenende andere Unionspolitiker vorgenommen. CSU–Generalsekretär Tandler wartete in Bild mit der Feststellung auf, daß zehn Prozent aller Arbeitslosen arbeitsunwillige Drückeberger seien, die die Statistik verfälschten. Tandler schlug vor, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehende Arbeitnehmer, Kranke, Behinderte, ältere Arbeitnehmer und Ausländer aus der Arbeitslosenstatistik herauszunehmen, um die „viel beschworene Massenarbeitslosigkeit“ zu entdramatisieren. „Wer angebotene Arbeiten mehrmals ablehnt oder auf andere Weise zu erkennen gibt, daß er gar nicht arbeiten will, darf nicht länger in der sozialen Hängematte liegen“, erklärte Tandler in Bild. In dieselbe Kerbe schlug am Wochenende die CDU–Bundestagsabgeordnete Hellwig. „Kein junger Mensch unter 25 sollte Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe erhalten, ohne dafür wenigstens halbtags zu arbeiten oder sich weiterzubilden“, forderte Frau Helllwig in Springers Welt. Einen entsprechenden Antrag wolle sie auf dem Bundesparteitag der CDU im Juni einbringen. Bundesarbeitsminister Blüm konterte diesen abenteuerlichen Vorschlag mit dem schlichten Urteil: „verfassungswidrig“. Ve. Kommentar Seite 4