Kalkül: Dummheit

■ Unionspolitiker profilieren sich nach rechts

Daß das Herz links schlägt, beweist umgekehrt noch längst nicht, daß der Verstand rechts sitzt. Im Gegenteil: Wer rechte Wählergruppen einfangen will, muß offenbar ganz gezielt den Verstand ausschalten zugunsten eines dumpfen Ressentiments. Das haben Le Pen in Frankreich und rechte Splittergruppen in Baden–Württemberg jüngst erfolgreich vorexerziert, und führende Unionspolitiker üben sich derzeit in der Imitation. Dabei scheuen sie sich nicht, ihre Zielgruppe für dumm zu verkaufen und sich selbst als abgrundtief inkompetent bloßzustellen. Da fordert ein baden–württembergischer Regierungschef drakonische Mittelstreichungen für „jugendliche Arbeitsverweigerer“ und andere arbeitslose „Drückeberger“, und was er lautstark einklagt, ist längst gesetzliche Realität, seit Jahren im Arbeitsförderungsgesetz geregelt. Da will ein CSU– Generalsekretär die Arbeitslosenstatistik von all denen bere machen sich Baden–Württemberg und Bayern für eine Änderung des Grundrechts auf Asyl stark und wissen doch sehr wohl, daß ihnen seit Jahren dafür die nötigen Mehrheiten im Bundestag und selbst in der eigenen Partei fehlen. Nichts an all diesen Vorschlägen der Unionspolitiker ist realistisch, vieles sogar längst überholt. Und keiner weiß das besser als diejenigen, die sie vorbringen. Aber die Späths und Tandlers wissen auch, daß dumpfe Gefühle und Vorurteile ein Schlüssel zur politischen Macht sein können, und dafür stellt man sich auch schon gern einmal dumm. Vera Gaserow