Drei Tote bei Anschlag in Belfast

■ Attentäter verschafften sich Zutritt zur „Avenue Bar“ und eröffneten Feuer auf die Gäste / Bar wird vorwiegend von Katholiken besucht / Steht Mordkampagne der protestantischen UVF bevor?

Aus Dublin Ralf Sotscheck

Bei einem Anschlag auf eine Kneipe im nordirischen Belfast gab es am Sonntag nachmittag drei Tote und zehn Verletzte. Obwohl die „Avenue Bar“ in der Innenstadt durch eine Video–Anlage und einen elektronischen Türöffner gesichert ist, konnten sich zwei Attentäter ungehindert Zutritt verschaffen. Die beiden Männer, von denen mindestens einer mit einem automatischen Gewehr bewaffnet war, eröffneten sofort das Feuer auf die Gäste. Zu dieser Zeit befanden sich etwa 20 Menschen in der Bar, die vorwiegend von Katholiken besucht wird. Ein Augenzeuge berichtete: „Wir suchten Deckung hinter Tischen und Stühlen und warfen Flaschen auf die Attentäter. Das Schießen nahm überhaupt kein Ende. Die beiden feuerten solange, bis ihnen die Munition ausging.“ Bei einem Bombenanschlag auf die selbe Kneipe, zwölf Jahre zuvor, war ein Mann getötet worden. In einem Anruf an die BBC übernahm die „Protestant Action Force (PAF)“ die Verantwortung für den Anschlag. Ein BBC–Sprecher erklärte jedoch, daß der Anrufer kein Kennwort genannt habe. Die paramilitärischen Organisationen auf beiden Seiten in Nordirland benutzen bestimmte Kennworte, um die Echtheit der Anrufe nachzuweisen. Die PAF ist eine Tarnorganisation der illegalen protestantischen „Ulster Volunteer Force (UVF)“. Der Anschlag wurde von sämtlichen Parteien in Nord– und Südirland scharf verurteilt. Sinn– Fein–Präsident Gerry Adams, in dessen Wahlkreis die „Avenue Bar“ liegt, betonte gestern, daß die „Sicherheitskräfte“ sehr langsam reagiert hätten. Obwohl der „Panik–Knopf“ - eine Direktleitung zur Polizei - noch während des Attentats ausgelöst wurde, dauerte es 20 Minuten bis zum Eintreffen der Streife. Zu dieser Zeit waren die Attentäter längst in einem gestohlenen Auto entkommen. Der Wagen wurde später in einem protestantischen Wohnviertel gefunden. Unter der katholischen Minderheitsbevölkerung Nordirlands macht sich jetzt Angst breit, daß die UVF eine neue Mordkampagne plant. Die UVF ist berüchtigt wegen ihrer wahllosen Anschläge auf Katholiken, die 1976 einen Höhepunkt erreichten. In den letzten Jahren hatte sie ihre Aktivitäten jedoch stark eingeschränkt. Im Januar hatte die UVF eine Schiffsladung mit Waffen und Munition erhalten, von der die Polizei bisher nur einen kleinen Teil erbeuten konnte. INTERVIEW