Ginsburg läßt sich beurlauben

■ Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland bestreitet Kenntnisse über den Finanzskandal um die unterschlagenen Wiedergutmachungsgelder / Vor Beurlaubung „längeres Gespräch“ mit Galinski

Berlin (taz/ap/dpa) - Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Alexander Ginsburg, hat sich gestern von seinem Amt beurlauben lassen bis zum Ende der Ermittlungen in dem Finanzskandal um Entschädigungsgelder. Dies teilte Ginsburg nach einem „langen und klärenden Gespräch“ mit dem Zentralrats vorsitzenden, Heinz Galinski, mit. Wie berichtet hatte Ginsburg eng mit dem verstorbenen Vorsitzenden Werner Nachmann zusammengearbeitet, der beschuldigt wird, bis zu 33 Millionen Markan Zinsen aus Wiedergutmachungsgeldern unterschlagen zu haben. Ginsburg und Nachmann hatten sich gegenseitig Alleinvollmacht für das von ihnen eingerichtete Konto erteilt, auf das die Bundesregierung 400 Millionen Mark einzahlte. Ginsburg begründete seinen Schritt damit, er wolle dieErmittlungen „nicht durch den Anschein einer etwaigen Interessenkollision belasten“. Im übrigen habe er keine Ahnung von den Vorgängen gehabt. Demgegenüber hatten in den letzten Tagen Mitglieder des Direktoriums und der jüdischen Glaubensgemeinschaft bezweifelt, daß Nachmann auch den Generalsekretär hintergangen haben könne. Zurückhaltend äußerte sich Galinski dazu in Bonn: Es gebe keine Anhaltspunkte, daß Ginsburg „direkt Gelder veruntreut hat“. Nachmann sei ein Einzeltäter gewesen, doch bestimmt hätten andere von den Machenschaften gewußt. Auch der Bank, die die Konten Nachmanns führte, hätten die Millionentransaktionen auffallen müssen. Unterdessen teilte Nachmanns Konkursverwalter Eberhard Braun mit, nach einer ersten Schätzung stünden einem Vermögen von etwa 4,7 Millionen MarkGläubigerforderungen von rund 25 Millionen Mark gegenüber. Allein 22 Millionen Mark forderten der Zentralrat und der Oberrat der Israeliten in Baden an Rückzahlungen. Von den unterschlagenen Summen schob Nachmann nach ersten Erkenntnissen des Konkursverwalters sieben Millionen an seine drei Boutiquen sowie Beträge in unbekannter Höhe an eine Lampenfabrik, an der der Verstorbene beteiligt war. peb