Selbstbeschränkung Kritik am Berlin-Papier der Alternativen Liste

G A S T K O M M E N T A R Selbstbeschränkung

Kritik am Berlin-Papier der Alternativen Liste

Der politische Ertrag einer zweijährigen Debatte lautet: eine Außenpolitik der bewußten Selbstbeschränkung für West -Berlin. Mit diesem Konzept gibt es keinen Unterschied mehr zu den strategischen und praktischen Optionen der SPD- und CDU-Politik. Die AL reiht sich in den parteiübergreifenden Konsens des „Frieden geht vor Freiheit“ und „Wandel durch Annäherung“ ein. Diese Politik aber mit neutralistischen oder aufgeklärt-nationalbewußtem Touch ist bei Diepgen, Geißler und Bahr in guten Händen. Die systemüberwindende Rethorik der AL wird dabei nicht gebraucht. Aber: In der Anpassung an die Alt-Parteien legt die AL ihre eigentlichen Defizite bloß. Die DDR ist in ihren Augen eben nicht die totalitäre, bürokratische, realsozialistische Parteidiktatur der SED, sondern nur die böse Schwester der ebenfalls zu erlösenden BRD, und die Mauer war leider eine historische Notwendigkeit... Die Perestroika Gorbatschows und die reaktionäre Haltung der DDR-Führung kommen in dem Antrag wie selbstverständlich nicht vor.

Berlin - das könnte heißen: Urbanität, György Konrads „die Stadt gegen den Staat“, zentraler Ort für die „Religion der Freiheit“ und nicht zuletzt Zuflucht, Teil der großen Veränderungen in Ost-Europa. Es ist beruhigend, daß die Zukunft Berlins weit eher von den Dichtern aus Ost und West als von der AL geschrieben wird. Ich habe mich bei der Abstimmung über den AL-Antrag enthalten, weil ich es begrüße, daß die AL gemeinsam mit der CDU und der SPD Berlin -eigene Außenpolitik betreiben will, und die Fakten, die die Stadt bestimmen, endlich akzeptiert. Andererseits kann ich der die Demokratie geringschätzenden Grundhaltung dieses Antrages nicht zustimmen.Udo Knapp