Asbestbranche schmiert Bundesamt

■ Jahrelang gaben bundesdeutsche Großunternehmen der Asbest-Branche über einen Förderverein Geld an ein Institut des Bundesgesundheitsamts / Dieses Institut war maßgeblich verantwortlich für die Festsetzung

Asbestbranche schmiert Bundesamt

Jahrelang gaben bundesdeutsche Großunternehmen der Asbest -Branche über einen Förderverein Geld an ein Institut des

Bundesgesundheitsamts / Dieses Institut war maßgeblich

verantwortlich für die Festsetzung der Grenzwerte für

Asbestfaser-Emission

Von Thomas Knauf

Berlin (taz) - Wie hat es die Asbest-Industrie in den letzten zehn Jahren immer wieder geschafft, ein drohendes Herstellungsverbot von asbesthaltigen Produkten zu verhindern?

Eine mögliche Antwort: Ein unter anderem von der Berliner Firma Eternit und dem Verband der Faserzement-Industrie unterhaltener Förderverein ließ seit Jahren Gelder in bislang unbekannter Höhe in das Institut für Wasser-, Boden und Lufthygiene (WaBoLu) des Bundesgesundheitsamtes fließen

-dieses Institut spielte in der Vergangenheit eine entscheidende Rolle bei der Festlegung von Grenzwerten für die Asbestfaser-Emission. Das ergaben Recherchen des SFB -Fernsehmagazins „Kontraste“, das seine Ergebnisse gestern abend senden wollte.

Gegenüber der Redaktion von „Kontraste“ bestätigte der Verwaltungsleiter des Instituts, Melzer, daß der „Verein für Wasser-, Boden- und Lufthygiene“, an dem mit Firmen von Bayer über die BASF bis Daimler Benz unter dem Vorsitz des Stromkonzerns VEW praktisch die gesamte deutsche Großindustrie beteiligt ist, unter anderem Reisekosten von Wissenschaftlern beglich, die auf dem Asbestsektor forschten.

Immer, wenn der Bundesetat nicht reichte, springe der Förderverein ein, bekannte der Regierungsoberamtsrat in einem Interview vor laufender Kamera. Er gab sich als „Kontaktperson“ zu dem Förderverein zu erkennen, der praktischerweise unter demselben Dach wie das WaBuLu in Berlin-Wilmersdorf seine Geschäfte abwickelt.

Da der Verein schon in den siebziger Jahren über sechsstellige Etats verfügte, ist zu vermuten, daß auch weitere Zuschüsse, zum Beispiel zu Forschungsvorhaben, gegeben wurden. Abwegig erschient dies nicht, denn im Vereinsregister ist als Hauptzweck des Vereins die Förderung und Unterstützung des Bundesinstituts angegeben. Um diese Aufgabe zu unterstreichen, wählte man den früheren langjährigen Institutschef, Prof. Aurand, neben Max Adenauer zum Ehrenvorsitzenden. Bekannt ist ferner, daß der Verein in den Räumen des WaBuLu aus seinem interessengebundenen Blickwinkel halboffizielle Fortbildungsveranstaltungen abhalten darf. Fortsetzung auf Seite 2

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Asbest...

Den „Kontraste„-RedakteurInnen war aufgefallen, daß immer wieder das Bundesgesundheitsamt mit seinen, im Verhältnis zum Umweltbundesamt verharmlosenden Asbest-Studien und Einschätzungen vom Verband der Faserzement-Industrie zitiert wurde. Zuletzt geschah das anläßlich der Umweltministerkonferenz im April. Damals zweifelte ein Vertreter des Bundesgesundheitsamtes die Ergebnisse einer vom Umweltbundesamt in Auftrag gegeben Studie an, wonach unbeschichtete Asbest-Zementplatten durch freiwerdende Konzentrationen von bis zu 1.000 Fasern pro Kubikmeter Luft die größte Emissionsquelle an krebserzeugendem Asbest darstellen. Als erste reagierte gestern die Berliner Alternative Liste (AL) auf die Enthüllungen. Ein Sprecher verlangte, daß das Bundesgesundheitsamt sich sofort von dem Lobbyistenverein löst.