Sündige Weiber protestieren

■ Ideenreicher Demonstrationszug gegen das Schwangerschaftsberatungsgesetz auf dem Ku Damm in Berlin

Sündige Weiber protestieren

Ideenreicher Demonstrationszug gegen das

Schwangerschaftsberatungsgesetz auf dem Ku'Damm in Berlin

Berlin (taz) - „Heilige Mutter Rita, bitte für uns!“ Eine Prozession besonderer Art bewegte sich am vergangenen Samstag vormittag über Berlins Kurfürstendamm. In Erwartung des Schwangerschaftsberatungsgesetz hatte die Berliner Paragraph 218-Koordinationsgruppe öffentlich zur Buße aufgerufen. Rund 800 Frauen und Männer zeigten sich zur Ein und Umkehr bereit.

An der Spitze des Umzugs ließen sich reuige Kindsmörderinnen von einem Schandkarren herab mit einer neunschwänzigen Katze „geißlern“. In endlosen Gesängen taten „Sündige Erbärmliche Weiber“ (SEW) für sich und alle frevelnden Schwestern Abbitte bei der „Gütigsten Dreifachen Allianz“ - Staat, Kirche, Kapital: „Erhalte unsere Kraft und Opferbereitschaft, auf das wir freudig dem unverhofften Mutterglück entgegensehen. Beschütze uns vor eigenen Entscheidungen!“

Dem Zuge hatte sich auch eine internationale Delegation von Engelsmacherinnen und Kurpfuschern angeschlossen, ein altes Handwerk mit neuer Zukunft. Nach dem Kotz-In einer schwangeren Männergruppe kam es zu einer kollektiven Zangengeburt, angefeuert mit den Worten: „Neue Söhne braucht das Land, sonst ist es bald in Feindeshand.“

PassantInnen im gebärfähigen Alter, die meist mit Vergnügen dem Spektakel folgten, wurden unter der Parole: „Mutter, find ich gut!“ kostenlos mit Fruchtbarkeitspillen und Kotztüten versorgt. Eine Lobby von „Embryos“ forderte uneingeschränkte Selbstbestimmung, darunter auch „freie Wahl der Gebärmutter“, während die „Väter in der CDU/CSU“ Wahlrecht erst „ab fünf Kindern“ verlangten.

Höhepunkt war der Auftritt eines Schwangerenballetts, das zu zackiger Marschmusik und feurigen Volksreden Ehe- und Mutterglück unterm Hakenkreuz tanzte. Die Polizei hielt sich dezent im Hintergrund.Ulrike Helwerth