Weibliche Seilschaften

■ Der Jounalistinnenbund will Netzwerk und Sprachrohr sein

Als Gisela Brackert begeistert die „300 Journalisten“ begrüßte, die sich auf Anhieb zur 1.Jahresversammlung des „Deutschen Journalistinnenbundes“ vergangene Woche in Frankfurt eingefunden hatten, verziehen die anwesenden Journalistinnen den Lapsus lachen. Immerhin leitet die 1.Vorsitzende des vor knapp einem Jahr ins Leben gerufenen Journalistinnenbundes den Frauenfunk im hessischen Rundfunk.

Die Tagung war ein ermutigender Beginn: 300 Kolleginnen ganz unter sich, Frauen aus allen Medien, jeden Alters und aller Schattierungen. Die seltene Abwesenheit taxierender Blicke der männlichen Kollegen, der „Alleswisseralleskönner“ (Carola Stern), schuf eine sonst völlig unübliche entspannte Atmosphäre, erlaubte unangestrengte Gesichter. Der insbesondere bei Journalistinnen im Kreis von Kollegen schnell entstehende Rechtfertigungsdruck, der mitunter auch schon mal überhöhte Stimmlagen produziert, kam gar nicht erst auf. in aller Ruhe und Offenheit wurden Argumente diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht.

In der gediegenen Atmosphäre des jüdischen Gemeindezentrums wurden auf den Fluren Kontakte geknüpft und israelische Weine getrunken. Denn karrierebestimmend ist für Journalistinnen in gleicher Weise wie für ihre Kollegen nicht nur, was sie können, sondern wen sie kennen. Ein Netzwerk unter Frauen könnte die häufig unterschätzten männlichen Seilschaften durchkreuzen. Dazu bedarf es im Grunde nur der gleichen selbstverständlichen Solidarität, wie sie unter Männern üblich ist.

Wenigstens einmal jährlich wollen sich die Frauen treffen. Darüber hinaus sollen Diskussionsforen und Weiterbildungsveranstaltungen organisiert werden. Ein Handbuch sammelt die Namen fester und frei arbeitender Kolleginnen aus Hörfunk, Fernsehen und Printmedien und listet fachspezifische Kenntnisse oder Themenschwerpunkte und Interessen auf.

Der Journalistinnenbund - bislang sind 130 Frauen „Mitclits“ - ist dabei kein Ersatz für bestehende Berufsverbände oder Journalistengewerkschaften. Er ist keine Tarifpartei, kann keine Presseausweise ausstellen oder kostenlosen Rechtsschutz übernehmen. Seine Aufgabe wird sein, Frauen in einem Männerberuf den Rücken zu stärken: denn immer noch liegt der Anteil der fest angestellten Redakteurinnen in Tageszeitungen und Rundfunkanstalten bei bescheidenen 13 bis 19 Prozent.

Ein aktueller Anlaß zur Einmischung - noch dazu auf höchster Ebene - bot sich in der anstehenden Neubesetzung der Intendanz des saarländischen Rundfunks. In einem offenen Brief an den saarländischen Rundfunkrat und Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine forderte der Journalistinnenbund, die Ex-'Report'-Redakteurin Hannelore Gadatsch bei der Stellenvergabe zu berücksichtigen. Mann hatte es bisher versäumt, auch nur eine Frau für den Posten zu nominieren.

Barbara Geier