Keine Pause in Beiruts Lagerkrieg

Waffenstillstand nach wenigen Stunden gebrochen / Die inner-palästinensischen Kämpfe gaben dem Flüchtlingslager Chatila den Rest / Seit Anfang April 70 Tote und 440 Verletzte  ■  Aus Beirut Petra Groll

Neue Kämpfe haben den wenige Stunden jungen Waffenstillstand um die West-Beiruter Palästinenserlager Bourj-el-brajneh und Chatila Dienstag nacht gebrochen. Heftige Gefechte mit Waffen aller Art hielten bis zum Vormittag an und kosteten mindestens 14 Menschen das Leben, 37 andere wurden schwer verletzt.

Bei den inner-palästinensischen Kämpfen stehen sich die Anhänger von PLO-Chef Arafat und dem pro-syrischen Abu Moussa gegenüber. Die neuerlichen Auseinandersetzungen waren am Dienstag am Eingang nach Chatila ausgebrochen. Beide Seiten haben sich in Presseerklärungen gegenseitig der Agression beschuldigt. Ein Waffenstillstandskomitee der restlichen sieben Palästinenserorganisationen versuchte auch am Mittwoch eine „neutrale“ Truppe zwischen die palästinensisch-palästinensischen Fronten zu schieben.

Am 9.Mai hatten die Organisationen in der syrischen Hauptstadt Damaskus ein Waffenstillstandsabkommen ausgehandelt, das auch von beiden kriegsführenden Parteien begrüßt, bisher jedoch nicht befolgt worden ist. Die Anfang April in den West-Beiruter Lagern ausgebrochenen Gefechte haben einer vorläufigen Bilanz zufolge 70 Tote und 440 Verletzte gefordert.

Nach Angaben internationaler Hilfsorganisationen haben wegen der ständigen Bedrohung und zunehmend knapper werdenden Versorgung mit Medikamenten, Lebensmitteln und Trinkwasser 75-90 Prozent der Zivilbevölkerung die Lager verlassen.

Eine bereits vor 14 Tagen in Chatila produzierte Videocassette, die am Dienstag morgen erstmals einigen Journalisten vorgeführt wurde, zeigt deutlich, daß von dem bereits im „Lagerkrieg“ mit der pro-syrischen Amal-Miliz zu 95 Prozent zerstörten Chatila, einer Hochburg der Arafat -Anhänger, nichts mehr übrig geblieben ist.