Chemie-Waffenlager ab heute blockiert

■ Erstmals äußerte sich gestern in Fischbach eine durch chemische Kampfstoffe unheilbar Erkrankte / Oberstaatsanwaltschaft will Blockade „nicht akzeptieren“

Fischbach (taz) - Mitglieder der Friedensbewegung haben gestern Nachmittag mit ihren Protestaktionen gegen chemische Waffen vor den Toren des größten C-Waffenlagers der NATO außerhalb der USA im rheinland-pfälzischen Fischbach (Westpfalz) begonnen.

Vor mehreren Hundert Teilnehmern äußerte sich zum ersten Mal öffentlich auch die 32jährige Beata Hillesheim, die 1976 im US-Giftgaslager Maßweiler (ebenfalls Westpfalz) durch einen bis heute verheimlichten Unfall mit chemischen Waffen unheilbar erkrankt ist.

Frau Hillesheim arbeitete von 1975 bis 76 im amerikanischen Depot in Maßweiler als Küchenhilfe. Bei einem Manöver, an dem auch eine ABC-Einheit der Bundeswehr aus Zweibrücken teilnahm, durften sie und ihre ArbeitskollegInnen das Lager plötzlich nicht mehr verlassen, berichtete Beate Hillesheim. Sie beobachtete damals Krankenwagen vor dem Eingang der unterirdischen Stollen des Lagers, angeblich weil Rauschgift in den Kaffee von Armeeangehörigen gemischt worden sei. In einer amerikanischen Armeezeitschrift fand sich jedoch kurz darauf ein Artikel, der von einem Giftgasunfall in Maßweiler sprach.

Drei Jahre später mußte sich die Frau schweren Operationen unterziehen und wurde als „erwerbsunfähig berentet“.

Danach ließ sie sich von einem Spezialisten für Nervengas -Unfälle untersuchen. Dort, so Frau Hillesheim, „erfuhr ich die graus ame Wirklichkeit“. Sie sei mit einer „nicht mehr festzustellenden Menge chemischer Kampfstoffe der Reihe Lost in Berührung gekommen“ und habe „unheilbare Schäden des Zellsystems“ erlitten. „Es gibt keine medizinische Hilfe mehr für mich“, sagte die 32jährige, die sich an der Blockade des Giftgaslagers in Fischbach beteiligen wird.

Weil sie die „grausame Wahrheit“ erst letztes Jahr erfuhr, wird ihr Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit bei der Berufsgenossenschaft vehement von der zuständigen Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung in Wilhelmshaven abgelehnt.

Das rund 18 Hektar große Giftgaslager in Fischbach soll nun eine Woche lang an seinen drei Haupttoren blockiert werden. Die gestrige zehnminütige symbolische Blockade akzeptierten Staatsanwaltschaft und Polizeibehörden. Der Leitende Oberstaatsanwalt Wilhelm Sattler aus Zweibrücken erschien sogar persönlich, um dies mit den Veranstaltern der Protestaktion abzusprechen. Allerdings, so Sattler gegenüber der taz, werde man die Blockaden im Laufe der Woche „nicht akzeptieren“.

Felix Kurz