DVU göbbelt und himmlert - nach Regularien

Deutsche Volksunion tagte in Berlin, um über Fusion zwischen DVU und NPD zu beraten / Bei Europawahl soll Fünf-Prozent-Hürde genommen werden / Durch alliiertes Recht beschnitten, halten sich die Rechten streng an alle Auflagen  ■  Aus Berlin Karin Blume

„Kann ich mein Auto denn auch in der Hausgarage parken, oder kommen die Chaoten da auch hin?“ fragt eine etwa 50 Jahre alte Frau besorgt einen Saalordner und beäugt die etwa 200 Demonstranten gegenüber dem ICC. „Das können Sie!“ erwidert der Funktionär der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU), die am letzten Sonntag im Berliner Kongreßzentrum tagte, „die Polizei hat das hier alles abgeriegelt!“

Ungefähr 300 AnhängerInnen der neuen Rechtspartei haben sich aufgemacht, um nun auch in Berlin einen Landesverband der „Liste D“ - eine Fusion zwischen DVU und NPD - zu gründen.

In Bremen gelang der „neuen Kraft“, die vom rechtsextremen Zeitungszaren Gerhard Frey gesponsert wird, bei den letzten Landtagswahlen der Einzug in die Bürgerschaft. Auch in Baden Württemberg war die Partei mit einem Ergebnis von 2,1 Prozent erfolgreich. „Nach den regionalen guten Ergebnissen muß nun bundesweit ein Zeichen gesetzt werden!“ fordert ein Redner unter donnerndem Applaus - die Liste D will im kommenden Jahr zur Europawahl kandidieren und „die Fünf -Prozent-Hürde überspringen!“

Die Zeiten, in denen man die AnhängerInnen großdeutschen Gedankengutes, die Verteidiger der „großartigen Wehrmacht“ und Verfechter der „Auschwitzlüge“ an ihrem Äußeren zu erkennen glaubte - Bilderbuchnazis mit gnadenlosem Blick und zackigen Bewegungen -, enden spätestens im ICC. Die Nazis von heute sind zumeist adrett gekleidet, sehen aus wie der nette Mensch vom Haus gegenüber, den man schon mal um ein Pfund Zucker anpumpt. Und die jungen Rechten wirken eher wie artige Abiturienten, als daß sie an's SA-Jungvolk erinnern. Solche sind natürlich auch da: kurzgeschorene Haare, Kampfstiefel, Lederjacke. Aber das Gesamtbild bestimmen sie nicht - sie halten Wache am Eingang.

Erst als Hauptredner Frey, Vorsitzender der Liste D, zum Rednerpult schreitet, lassen die moderat wirkenden Rechten die Sau raus. Der Herausgeber der drittgrößten Wochenzeitung der Bundesrepublik - die 'Deutsche Nationalzeitung‘ - pöbelt gegen den Bundespräsidenten, hetzt gegen „kasernierte Kriminelle in Keuzberg“. „Da gibt es immer noch welche, die unsere großartige Wehrmacht in den Dreck ziehen wollen!“ brüllt er ins Mikrofon. „Pfui!“ schreien etwa 30 ältere Männer, die vermutlich auch dabei waren, im Chor. Die Masse ist warm geworden. Frey bringt die Stichwörter: „Mitteldeutschland! Deutsche Mark! Abtreibung! Helmut Kohl! Front National in Frankreich!“ - die Menge tobt.

„Wir müsssen ein bißchen aufpassen, daß aus unseren Reihen heraus hier kein verbotenes Material ausgelegt wird!“ erklärt ein Funktionär seinen Mitarbeitern. Die DVU-Ordner sollen vor allem auf Flugblätter der FAP achten - solche „harten Sachen“ sind in Berlin verboten. Die Liste D darf „in der Hauptstadt Deutschlands“ nur unter Auflagen tagen, weil die Staatsanwaltschaft gegen die Partei ermittelt. Auf vergangenen Tagungen sollen nach Zeugenaussagen Hakenkreuzabzeichen getragen und für die NPD geworben worden sein - das ist nach alliiertem Recht verboten. Frey bittet zu Beginn deshalb um Verständnis dafür, sich an die „Regularien halten zu müssen“. Die Masse hat Verständnis, denn sie hat längst kapiert.

„Ich weiß wirklich nicht, was diese Neger wollen in Südafrika. Die werden doch alle gut bezahlt!“ sagt sich ein alter Mann mit Hut. Ein jüngerer mit Lederjacke antwortet: „Und außerdem haben da erst wir Weißen gewohnt. Das war doch lange unbesiedeltes Gebiet. Die Neger, die sind doch viel später gekommen!“