FÜNF FRAUEN IM DUNST

■ Wettschwitzen mit Lady Komedie in der Ufa-Fabrik

Die Sonne kränkelt hinter Nebelschwaden. Bei der kleinsten Bewegung kokettiert der Kreislauf mit dem Zusammenbruch. Eine Schlange Frauen, die vor der Ufa-Fabrik vergeblich noch auf Einlaß zu Lady Komedies Variete „Pastunette“ warteten, verdunstete. Nur die Sandalen blieben von ihnen übrig. Drinnen hockten Hunderte, Männlein und Weiblein, wie die Hühner auf den Holzbänken, dünsteten Schweiß und Bier aus, rempelten und schrien sich an, johlten und pfiffen, daß die Vorführung endlich begönne. „Da wurden Minuten zu Stunden.“

Als das Licht endlich erlosch, ging alles plötzlich ganz schnell. Fünf geheimnisvoll in Schwarz gehüllte Holländerinnen schritten auf die Bühne, die Gesichter hinter weißen Masken, zeigten ihre schwarzbestrumpften, muskulösen Beine, nahmen die Masken herunter und entledigten sich ihrer Verhüllungen, um mir nichts, dir nichts auf einander herumzuklettern: auf die Schultern, auf die Oberschenkel 'aufrecht oder auf dem Kopf, unter den Beinen durch, um die Schulter herum, mit Reckstange und ohne Reckstange, auf die Füße gelegt und Handstand auf der anderen, senkrecht, waagerecht, linksherum, rechtsherum, durchtrainierte Frauenkörper in immer wechselnden Kostümen, schweißglänzende Rückenmuskulatur, starke Arme, die auch einmal zittern durften, Beine, die wie Säulen stehen und im Discorhythmus neckisch wackeln können, Hände die gechickt Keulen hin und her werfen, schlichte bunte und dann Fackeln - einfach nicht zum Hinsehen, angenommen der Vorhang finge Feuer brennende Haare und Trikots und dann der Aufschrei des Publikum Panik und Katastrophe schweißtreibender Gedank hinter geschlossenen Augen - aber einmal muß ich ja doch blinzeln, als der Aufschrei des Publikums ausbleibt: Da hüpft eine quer über die Bühne durch ein flammendes Seil und nähert sich dem Vorhang - schnell die Augen wieder zu! Tosender Applaus.

Die kleinen Szenen zwischendurch ließen Zeit, tief den Achselduft der Nachbarin einzuatmen: Die Grande Dame des Abends bekannte nach einer gescheiterten Beziehung fünf Jahre lang in Therapie gewesen zu sein und derweil die eigene Kreativität entdeckt zu haben, deren Ergebnis, den Liebesschmerzchanson sie natuellement in fran?ais dem Publikum bis zum Ohnmachtsanfall vorschmachtete. Sie war nichts gegen die fünf harten Jungs, die die Hosenträger gegen ihre Unterhemden schnippten und sich in die Hühnerbrust warfen, um sich mit „Hu“ und „Zack“ und „Boing“ Rübe und Möhre einzuschlagen, letztere aus dem Verschlag pantomimten, sie in imaginäre Becken entleerten und gemäß der Devise des pissoir public „gemeinsam ist's netter“ schauten, wer am weitesten kommt. Zum Schluß das große Finale, bunte Farben, Ringe, Rüschen und Seile, strahlendnasse Gesichter, Spaß, einfach nur Spaß und nichts weiter, dann Applaus und vorbei - wie, das war's schon?

Claudia Wahjudi