Werbespot und Hohn

HE'KNORR-GRÜNKERNCREME-OPA, HÖR MAL ZU!

Du stehst da in deinem Werbespot, aufs Entzückendste mit einer Fliege unterm Knorpel, mit Hosenträgern angetan und einer Schürze, die sich um deine Alterswampe spannt, an einem mit Gemüsen der Saison überladenen Tisch und rührst mit dem Schneebesen in der Schüssel. Da tollt der Enkel aus dem Gärtlein gleich hinter der Küche herein, wirft einen Apfel in die Höh‘, fängt ihn wieder auf und fragt dich: „Kochst du, Opa?“ Du nickest, und der Bube schnappt sich die von dir vorher in die Schüssel mit dem Schneebesen entleerte Knorr-Suppen-Tüte, fragend: „Das auch?“ Und du tust ihm Auskunft mit den Worten: „Eine Knorr-Feinschmeckersuppe, aber wir sagen, die hätten wir auch selber gemacht.“ Und dann verschließt ihr beide mit dem Zeigefinger den Mund, denn ihr hört Mutti kommen, und du machst ein „psssssscht“ dazu. Eine Schnittsekunde später nahst du dich dem Eßtisch und sagst, o, wie deine von silbergrauer Haarcorona umzirkelte Glatze strahlt und wie juvenil-riskant die Schubert-Brille auf halber Höhe deines Nasendaches sitzet: „Voila, die Vorspeise: Fränkische Grünkerncreme, meine Spezialität aus wertvollem Getreide.“

Mutti, in einer bis zum Halse zuenen senkrecht gestreiften Muttibluse und mit Lippenstift angemalenem Munde sagt ala 'genießerisch‘: „Mhmm, Opa, echt was für Feinschmecker.“ Worauf du den Enkel anstupsest und ala 'augenzwinkernd‘ sagst: „Tjaa...!“ Was Mutti zur Frage veranlaßt: „Ist was mit euer Grünkerncreme?“ Worauf der Bub ala 'haspel-stotter‘ sagt: „Äh, mhm, ah, die ist nich von Opa, äh, nich von Knorr.“ Da sagt Mutti ganz 'spielerisch-verschmitzt -vorwurfsvoll‘: „Mhhhmmmmm ...!“ Und dann gehst du, Knorr -Grünkerncreme-Opa, während der Grünkerncremesound aufzieht und ein Sprecher des Hauses Knorr mit positiven vibrations in der Stimme sagt: „Mit Knorr bringt man gute Ideen auf den Tisch“, 'spielerisch-verschmitzt-verschämt-ertappt‘ in dich. Ende.

Abend für Abend trittst du in dieser Grünkerncremeposse auf, ein altersweises Arschgesicht, das sich seines durchschlagenden agitatorischen Erfolges bei der Masse verpflegungsbequemer Tütensuppenkasper sicher sein darf. Aber, Knorr-Grünkerncreme-Opa, wir haben unlängst deinen Kollegen vom Bonbon-Spot „Werthers Echte“, auch so ein vermeintlich liebenswürdiger Keinerfliegewaszuleidetuer, als einen ehemaligen Winterhilfswerk-Sonderkorrespondenten des Goebbels-Blattes „Das Reich“ entlarvt, und nun reißen wir dir die Hosenträger + die Schürze + die Fliege + die Schubertbrille die Tarnung vom Leibe! Daß du den Mann von Mutti, die zu blöd ist, 'ist was mit euRer Grünkerncreme?‘ (statt euer) zu fragen und sich (ekelhaft!) mit angemalenem Munde an den Eßtisch setzet, mit einer umgestandnen Fischkonserve vergiftet hast, weil du auf deine alten Sacktage noch spitz wie Lumpi auf dieses Blusentier bist Privatsache, geschenkt. Aber daß du 1943 Eintopfverbindungsoffizier der SS auf der Napola zu Sonthofen warst und daß du 1944 als Kommandeur einer Drillingsflakeinheit Fünfzehn-, ja Vierzehnjährige beim Runterholen uns vom Faschismus befreien wollender Royal-Air -Force-Flieger verheizt und verschlissen hast, das streichen wir Dir heute dick aufs Butterbrot. 1945 tauchtest du dann in Oberbayern unter, als Ährenleser und Kartoffelkäfersammler, bis du, im Zuge der Adenauerschen Restauration, als „Chef des 4. Gangs“ demokratisch heulenden NS-Wölfen wie Heusinger, Speidel, Globke, Oberländer und Lübke im Bundestagsrestaurant auftischtest. Wir haben hiermit den Deckel des Dossiers über dich, SS -Obersturmbannführer Knorr alias Grünkerncreme-Opa, nur ein bißchen gelupft. Aber wir können auch ganz auspacken, wenn du nicht freiwillig aus dem Vorabendprogramm abtrittst. Wir haben dich unterm 20.Juli zur Wiedervorlage eingetragen. Hast du bis dahin den scheinheiligen Schneebesen nicht aus der Hand gelegt, tischen wir Dir, Grünkerncreme-Opa, deine ganze schmählichmistige kackbraune Vergangenheit auf. Und die ist nicht nach gutem Appetit!

Horst Tomayer