Zurück zur grauen Wand?

■ Der für die Bremer Wandbilder zuständige Mitarbeiter des Kunstsenators, Hans-Joachim Manske, zur neuen Fassaden-Malerei am neuen Ostertor-Park

Seit 1972 sind unter der Regie von Hans-Joachim Manske über 100 Wandbilder an Bremer Fassaden entstanden. Gestern eröffnete er in der Weberstraße das jüngste Künstlerwerk.

taz: Ist das neue Wandbild in der Weberstraße eine Abkehr von der bisherigen realistisch orientierten Bremer Wandbild -Malerei?

Manske: Es steht nicht mehr in der Tradition der Realismen der 60er Jahre, also der Pop-Art und des Fotorealismus, sondern es verbindet verschiedene Stilarten und hat damit schon eine gewisse Abkehr vom Abbildhaften.

Wollen Sie damit die BremerInnen zu mehr Phantasie auffordern?

Die Phantasie sollte immer eine große Rolle spielen. Aber gesellschaftlich und damit auch in den Augen und den Köpfen der Künstlerinnen und Künstler hat sich vieles geändert. Und jeder Auftraggeber ist abhängig von dem, was Künstlerinnen und Künstler machen. Sie können auch mit Geld auf die Dauer Künstler nicht zu irgendetwas zwingen, sei es zur aufklärerischen Kunst, sei es zur Kunst der Gartenzwerge. Kritische Potentiale müssen ja nicht immer so stark sein wie das in den 70er Jahren war, sie können ja auch sehr viel vermittelter sein.

Hätten Sie Ihr Häuschen lieber gegenüber dem Bunker-Wandbild in der Admiralstraße, das Folter und Gefangenschft im Nazifasichsmus thematisiert, oder gegenüber von dem neuen Bild in der Weberstraße?

Das spielt für mich keine Rolle. Bei einem Bild mit einer sehr starken Botschaft würde mich interessieren, wieweit eigentlich Symbole der Gewalt auf die Dauer, ähnlich wie im Fernsehen, sich bei mir abschleifen oder ob sie für mich immer wirksam sind. Ich könnte aber genausogut vor ei

nem Bild leben, wie es der Werner Henkel konzipiert hat.

Seit 1981 werden Wandbilder in Bremen auf ABM-Basis gemalt. Wie soll's weitergehen?

Das Wandbild ist zur Zeit auch im Rahmen von Künstler-ABM nicht der Hauptakzent. Es gibt hier die Kritiker, die sagen, daß dem Manske doch nun langsam die Wände ausgegeangen sein müßten. Ganz so schlimm ist es nicht. Aber ABM wird erheblich zurückgehen. Wir müssen versuchen, wieder anzuknüpfen an die Zeiten, als Kunst im öffentlichen Raum vor 15 Jahren ein von der Bürgerschaft beschlossenes Programm war, in dem bestimmte Anteile von Neubauvolumen für Künstlerinnen und Künstler zur Verfügung gestellt werden sollten. Das ist aus Not ein wenig vergessen worden.

Gibt es denn noch genug Künsterlinnen und Künstler, die Wandmalerei machen wollen?

Es gibt ganz neue Formen. Es gibt eine Form der anonymen öffentlichen Kunst, die an möglichst versteckten Orten aufgestellt wird oder eine Kunst, die ganz kleine Veränderungen vornimmt. Künstler reagieren auf eine zunehmend schickere, postmoderne Umgebung anders als zu Zeiten der verkehrsgerechten, betonierten Stadt der 70er Jahre. Aber ob das Wandbild seine Rolle ganz ausgespielt hat, vermag ich nicht zu sehen und auch nicht zu glauben. Es hat in bestimmten Stadtteilen mit Geschichte, die so gar nicht präsent ist in den Köpfen der Menschen, durchaus noch einen Sinn, auf das eine oder andere in Form des Wandbildes hinzuweisen.

Wanddbilder verwittern im Laufe der Zeit. Wird das eine oder andere Wandbild eines Tages mal wieder zur grauen Wand?

Das wäre vorstellbar. Ich würde

es für ein spannendes Programm halten, wenn zumindest in einigen Fällen die gleichen Autorinnen und Autoren nach zehn oder zwölf Jahren sich vielleicht noch

mal damit beschäftigen und entweder sagen „Ich restauriere das“, oder aber vielleicht Veränderungen vornehmen.

Fragen: Gaby Mayr