BäuerInnen, Bomben, Biotope

■ LandwirtInnen im Hollerland zerstören Biotope, um mit Treckern besser durchbrettern zu können / NaturschützerInnen wollen Kontrolle „bis auf's letzte“

Genau zwei Möglichkeiten haben Trecker-FahrerInnen im Hollerland, wenn ihnen ein Biotop in die Quere kommt. Bauer Kemna nimmt auch einen Umweg in Kauf: „Wir mähen da umzu und fertig. Man ist ja auch ein Tierfreund.“ Sein Wiesennachbar, der Wörpedorfer Landwirt Henry Hilken, dagegen, dessen schmales, langgestrecktes Flurstück, auch Kämpe genannt, direkt parallel zu dem von Kemna verläuft, will lieber geradeaus und mit Geschwindigkeit durchbrackern. Er füllte deshalb vergangene Woche drei störende Wiesen-Partien mit Sand auf, um endlich freie Fahrt zu haben: einen Tümpel, eine Senke und einen Jahrhunderte alten Graben, das „Lehester Langkampsfleet“. Diesen Eingriff in die Natur des Hollerlandes wiederum beobachteten radfahrende Naturschützer von dem in Sicht

weite verlaufenden „Jan-Reiners-Weg“ aus. Sie erstatteten Anzeige, weil die freie Fahrt für Trecker, Mähmaschinen und Heuwender in dem Naturschutzgebiet an Auflagen gebunden ist.

Das „Bodenprofil“ darf im Naturschutzgebiet nicht verändert werden. Denn in Senken, wie auch in Tümpeln und Gräben sammeln sich außer Regentropfen auch laichende FröschInnen, Molche und seltene Pflanzen, zum Beispiel Seerosen, Froschlöffel oder Wasser-Vergißmeinnicht. Viele Tümpel -Biotope entwickelten sich aus Bombentrichtern: „Das ist der einzige Vorteil einer Fliegerbombe“, finden Umweltschützer wie Günther Schulze.

Eine weitere Auflage schreibt den BäuerInnen vor, daß sie im Zwei-Meter-Abstand von den Entwässerungsgräben, die sich

zwischen den langgestreckten Wiesenstücken hinziehen, gar nicht düngen und erst später mähen dürfen, um Flora und Fauna an und in den Gräben besser gedeihen und dort ungestört Nachwuchs produzieren zu lassen. Pro Hektar naturgeschütztes Bauernland erhalten die Landwirte 26O Mark Ausgleichszahlungen für eventuell verminderte Erträge.

Gestern lud die Bürgerinitiative „Hände weg vom Hollerland“ zu einem Ortstermin. Aktivist Gerold Janssen beschuldigte die Bauern, Subventionen für den Umweltschutz abzukassieren und gleichzeitig das schützenswerte Bodenprofil zu verändern: „Wir wollen, daß solchen Landwirten die Subventionen gestrichen werden. - Die Bauern müssen bis auf's letzte kontrolliert werden.“ Die Bürgerinitiative will zudem Landwirte per Verordnung zwin

gen lassen, mit Stallmist zu düngen, da dieser sich kontinuierlich abbaut - im Gegensatz zu dem derzeit in Hülle und Fülle verstreuten Mineraldünger, der die „Entwässerungsgräben“ mitüberdüngt und die obenauf schwimmende Wasserlinse zum übermäßigen Gedeihen bringt.

Gerold Janssen: „Eins kommt zum anderen. Das ganze Gebiet ist inzwischen notleidend und der Artenreichtum trotz Naturschutzverordnung zurückgegangen.“ Bauer Kemna jedenfalls will weiterhin „umzu mähen“ und sich an die Auflagen halten: „Da ist ja doch nichts zu machen. Das sehen die, wenn man mehr Tiere laufen hat oder die Senken verschüttet.“ Sein Wiesennachbar Henry Hilken war gestern nachmittag leider nicht telefonisch erreichbar, er war wieder mit seinem Trecker unterwegs.

Barbara Debus