Bohrinsel nach Explosion auseinandergebrochen

Von den 230 Besatzungsmitgliedern sind wahrscheinlich 170 umgekommen / Bislang schwerster Unfall in der Nordsee /  ■  Aus London Rolf Paasch

Bei dem bisher schwersten Unglück in der Geschichte der Nordsee-Ölförderung hat es in der Nacht zum Donnerstag vermutlich 171 Todesopfer gegeben. Nach einer Serie heftiger Explosionen war auf der Ölplattform „Piper Alpha“ rund 180 Kilometer vor der schottischen Nordostküste ein Großbrand ausgebrochen, der die Bohrinsel auseinanderbrechen ließ. Von den rund 230 Besatzungsmitgliedern konnten 63 gerettet werden. Viele von ihnen waren von der 65 Meter hohen Plattform ins Wasser gesprungen und konnten sich auf eine neben der Alpha Piper schwimmende Begleitplattform retten.

An der Bergungsaktion beteiligte sich auch ein zum Katastrophenort georderter Verband von NATO-Kriegsschiffen zu seiner bisher vermutlich sinnvollsten Aufgabe. 40 der anschließend mit Brüchen und Brandwunden ins Zentralkrankenhaus der schottischen Hauptstadt Aberdeen eingelieferten Verletzten konnten am Donnerstag wieder entlassen werden.

Bei der „Piper Alpha“ handelt es sich um eine der ältesten der insgesamt 45 in der Nordsee betriebenen Bohrinseln. Das 34.000 Tonnen schwere und in 150 Meter Meerestiefe vertaute Stahlgerüst wurde 1975 von der amerikanischen Ölfirma „Occidental Petroleum“ in Betrieb genommen. Auf ihr hatten sich 1982 und 1984 bereits zwei Unfälle ereignet, bei denen damals zwei Arbeiter getötet wurden und die Bohrinselbesatzung vorübergehend evakuiert werden mußte.

Insgesamt sind bei der in der Fortsetzung auf Seite 6

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rauhen Nordsee äußerst schwierigen Ölförderung im britischen Sektor bisher 280 Arbeiter ums Leben gekommen. Die Erschöpfung der alten Ölfelder und die Ausbeutung kleinerer und tiefer liegender Felder wird die Öl-Ausbeutung in der Nordsee in Zukunft noch kostspieliger und gefährlicher werden lassen. Trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen und regelmäßiger Evakuierungsübungen kritisierte am Donnerstag erneut ein Sprecher der Gewerkschaft die auf den Bohrinseln geltenden Sicherheitsbestimmungen und deren Kontrolle durch die britischen Behörden. Das Energieministerium ist in Großbritannien gleichzeitig für Produktion und Sicherheit auf den Bohrinseln verantwortlich. Die Ölförderung hat dem britischen Staat in den letzten 13 Jahren umgerechnet über 200 Milliarden Mark zusätzlicher Einnahmen in die Staatskassen gebracht. Sowohl ein Sprecher von Occidental als auch Energieminister Parkinson haben am Donnerstag eine genaue Überprüfung der Katastrophenursachen angekündigt.