Angola: Rücken die Rassisten ab?

US-Unterhändler gibt Durchbruch bei Verhandlungen über Angola und Namibia bekannt / Experten einigten sich angeblich auf bedingungslosen Abzug südafrikanischer Soldaten aus Angola / Erster Schritt vor Rückzug Kubas / Noch keine Antwort aus Pretoria  ■  Von Stephen Smith

Berlin (taz) - Ist in den Verhandlungen über den seit 13 Jahren im südlichen Angola andauernden Krieg ein Durchbruch gelungen? Und ist gar für das seit 70 Jahren illegal von Südafrika verwaltete Namibia endlich die Unabhängigkeit in Sicht? Das behauptet Amerikas stellvertretender Außenminister und Afrikaexperte Chester Crocker, demzufolge Südafrika bereit ist, seine schätzungsweise 9.000 Soldaten ohne Vorbedingungen aus Angola abzuziehen. „Von da an tickt dann die Uhr für den Abzug der kubanischen Truppen aus Angola und für Südafrikas Rückzug aus Namibia“, erklärte Chester Crocker am Mittwoch abend zum Ende dreitägiger Gespräche in New York. Unter amerikanischer Schirmherrschaft hatten sich zum dritten Male seit dem vergangenen Mai Angolaner, Kubaner und Südafrikaner an den gemeinsamen Verhandlungstisch gesetzt. Ob der amerikanische Zweckoptimismus tatsächlich begründet ist, steht freilich noch aus. Zunäechst einmal muß das am Ende der Viererverhandlungen am Mittwoch in New York angenommene „Grundsatzpapier“ noch von der Regierung Südafrikas, Angolas und Kubas bestätigt werden.

Vorläufig haben sich lediglich die Amerikaner über den Inhalt des Grundsatzabkommens geäußert: Vor allem die südafrikanischen Delegierten schwiegen sich dagegen vorsichtig aus. Aber erst, wenn Pretoria den Rückzug seiner seit vergangenem November erneut massiv in Südangola eingedrungenen Truppen bestätigt, kann von einem ersten entscheidenden Schritt auf dem Wege einer friedlichen Lösung des Angola-Namibia-Problems die Rede sein. Wie die jetzt ausgehandelten Grundsätze in Vertragsklauseln und präzise Verpflichtungen übersetzt werden können, wäre dann Gegenstand weiterer Fortsetzung Seite 6

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... Verhandlungen, die in der ersten Augustwoche aufgenommen werden sollen. Stein des Anstoßes bleibt weiterhin die kubanische Militärpräsenz in Angola. Nach amerikanischen Schätzungen kämpfen rund 45.000 kubanische Soldaten auf Seiten der angolanischen Regierungstruppen. Nach heftigen Kämpfen seit vergangenem Herbst, vor allem um die „strategische Pforte“ Cuito Cuanavale, sind die kubanisch -angolanischen Streitkräfte seit zwei Monaten auf dem Vormarsch. Mit Ausnahme des von der südafrikanischen Armee gesicherten UNITA-Hauptquartiers Jamba, im äußerten Südosten Angolas, haben die angolanischen Truppen und ihre „internationalistischen Verbündeten“ nunmehr entlang der namibischen Grenze Position bezogen - eine Situation, welche die Gefahr militärischer Eskalation in der direkten Auseinandersetzung mit südafrikanischen Einheiten in Nordnamibia heraufbeschwört.

Um solche Zwischenfälle und das eventuelle Scheitern der Friedensdynamik zu vermeiden, hat man sich in New York auf nicht näher erläuterte - „vertrauensbildende Maßnahmen“ geeinigt. Das ist von Bedeutung, weil die Angolaner verständlicherweise aus einer Position militärischer Stärke zu verhandeln suchen; andererseits kann es nicht in ihrem Interesse sein, den südafrikanischen Gegnern einer Verhandlungslösung vor allem den „Falken“ innerhalb der Militärhierarchie einen Vorwand zur Sabotage zu liefern. „Wir müssen künftig Zwischenfälle vermeiden, welche die Fortschritte in den Verhandlungen wieder in Frage stellen könnten“, erklärte in New York der Stabschef der angolanischen Streitkräfte, General Antonio Dos Santos Franca. „Wir haben uns in New York auf die Grammatik einer friedlichen Regelung des Angola-Namibia-Konflikts geeinigt“, bestätigte gegenüber der taz ein angolanischer Diplomat. „Aber ob wir von nun an eine gemeinsame Verhandlungssprache sprechen werden, ist noch lange nicht sicher“. Zumal die künftige Rolle der namibischen Befreiungsbewegung SWAPO und der angolanischen UNITA-Guerilla bislang unerwaehnt blieben. Chester Crocker sagte lediglich, daß nach amerikanischer Vorstellung Namibia - nach dem Rückzug der südafrikanischen Truppen - zunächst von der UNOverwaltet werden solle. Und im Hinblick auf den Guerillakrieg, den die UNITA seit 13 Jahren in Angola schürt, ist noch alles offen.