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FDP-Erklärung als Indiz für die innenpolitische Lage  ■ K O M M E N T A R E

Opportunisten sind spannend. Sie zeigen, woher der Druck kommt. Die „Wiesbadener Erklärung“ der FDP ist opportunistisch. Sie zeigt, daß kein Druck herrscht, nur Angst vor dem Untergang. Sie stellt dar, was nach der Implosion der grünen Alternative innenpolitisch übriggeblieben ist: Problembewußtsein und Phraseologie. Die Sprachregelungen dieses Papiers sind von trüber Doppeldeutigkeit: Sie rechtfertigen sowohl das Sich-Klammern ans sinkende Schiff der Koalition als auch den hastigen Sprung über Bord.

Man kann dieses Papier mühelos als Collage der Wünsche konkurrierender FDP-Politiker lesen, die sich vor allem einig sind in der Verkündung einer unverbindlichen „Renaissance der Individualität“. Aber das ist müßig. Diese Erklärung reflektiert den Provinzialismus eines auf pure Machterhaltung oder -gewinnung reduzierten Parteiensystems, zu dem inzwischen die Grünen nicht trotz, sondern wegen ihrer Flügelkämpfe hinzugehören. Keinerlei Impulse der beiden säkularen politischen Vorgänge, der Niederlage des Reaganismus und der Reform des Sowjetkommunismus, sind spürbar. Für die FDP ist der welthistorische Horizont durch die „Mitte“ des deutschen Wahlvolkes abgegrenzt. Doppelt bedenklich ist aber, wenn die freidemokratischen Opportunisten Demokratisierung nicht für opportun halten. Ein Tatbestand, der anzeigt, daß die Demokratisierung der Gesellschaft offenbar nur jenseits des deutschen Parteiensystems noch Thema ist. Womöglich wird dann 1990 die Mehrheit der Wahlentscheidungen über die Frage laufen, welche Partei überhaupt noch wählbar ist.

Klaus Hartung

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