Todeskandidaten: Bonn muß handeln

Urteilsspruch in zweiter Instanz gegen drei der fünfzehn in Chile inhaftierten Todeskandidaten wird in dieser Woche erwartet Dringender Appell von Amnesty International und SPD an die Bundesregierung, den Chilenen umgehend Asyl zu gewähren  ■  Von Till Meyer

Berlin (taz) - Mit einem dringenden Appell zur Rettung dreier von der Todesstrafe bedrohter Chilenen haben sich jetzt Amnesty International und die SPD an die Bundesregierung gewandt. Gemeinsam mit Amnesty fordert die SPD von Bonn, den dreien unverzüglich politisches Asyl zu gewähren, da noch in dieser Woche mit dem Urteilsspruch des Militärgerichts in Santiago zu rechnen ist. Sollte das Militärgericht, der Corte Marcial, die Todesurteile gegen Jorge Palma Donoso, Carlos Araneda Miranda und Hugo Marchant Moya bestätigen, ist eine Berufung nicht mehr möglich und es gibt auch keine Chance auf Begnadigung.

Eine Revision am obersten Gericht Chiles, dem Corte Suprema, ist nur dann möglich, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt. Der Corte Suprema kann dabei lediglich überprüfen, ob die Anwendung des Antiterrorgesetzes rechtmäßig ist. In der Vergangenheit hatte der Corte Suprema jedoch immer die Rechtmäßigkeit von Verurteilungen nach dem Antiterrorgesetz bestätigt.

Zwar läßt der Artikel 24 der bis 1989 noch gültigen chilenischen Übergangsverfassung dem Diktator Pinochet die Möglichkeit, zum Tode Verurteilte des Landes zu verweisen. Ob er davon allerdings Gebrauch macht, „hängt von dem öffentlichen Druck ab. Gerade die ökonomisch mächtige BRD wäre dazu in der Lage“, erklärt Amnesty International.

Die drei sind in der ersten Instanz nach dem Antiterrorgesetz verurteilt worden, das erst 1984 in der jetzt gültigen Form in die Verfassung der Diktatur aufgenommen wurde. Amnesty International weist in seinem Appell darauf hin, daß der Tatvorwurf aus dem Jahre 1983 datiert und daß es jeder Rechtstaatlichkeit Hohn spreche, ein Gesetz rückwirkend anzuwenden.

Die drei gehören zu den 15 Todeskandidaten, um deren Aufnahme in der BRD im letzten Sommer ein heftiger Streit unter den Bonner Parteien entflammt war. Ihnen wird die Beteiligung am Attentat auf den Militärbefehlshaber von Santiago, Carol Urzua vorgeworfen. Der General war im September 1983 von einem Kommando des MIR auf dem Weg zu seiner Dienststelle erschossen worden. Im Zuge der Fahndung nach den Attentätern waren schon drei Tage nach dem Anschlag fünf Verdächtige von der chilenischen Geheimpolizei aufgespürt und erschossen worden. Die Angeklagten bestreiten eine Beteiligung an dem Attentat, bekennen sich aber zur Mitgliedschaft im MIR.

Für das Bonner Außenministerium erklärte der Lateinamerikareferent Gerds gegenüber der taz lediglich, „daß die Botschaft in Santiago sehr genau die laufenden Verfahren beobachte, und sollte es dazu kommen, daß ein Eingreifen ausländischer Regierungen gefordert ist, so werden wir das Notwendige tun“.