Bayern verliert die (Ver)Fassung

Rund 100 Personen aus dem WAA-Widerstand wurden 1987 vom bayerischen Verfassungsschutz überprüft  ■  Aus München Susanne Petz

Rund 100 Personen aus dem Widerstand gegen die WAA in Wackersdorf sind bisher im Raum Regensburg und Umgebung vom Verfassungsschutz überprüft worden. Auf seiner Pressekonferenz zum bayerischen Verfassungsschutzbericht 1987 bestritt Innenminister Lang jedoch die Vermutung der bayerischen Grünen, daß die Mitglieder der Bürgerinitiativen gegen die WAA in einer Datei eführt werden. Unverständlich war dem CSU-Minister, warum die Akteneinsicht in die Brucker Paßkartei durch den Verfassungsschutz so viel öffentliches Aufsehen erregt hat, schließlich vollziehe sich so etwas „im ganzen Land“.

Dem Bericht zufolge hat die Zahl der politisch motivierten Gewaltakte 1987 in Bayern abgenommen. Verzeichnet werden z.B. nur noch 16 vollendete oder versuchte Brandanschläge mit einem Bezug zur Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. Im Vorjahr waren es 51. Diese positive Entwicklung ist nach der Meinung Langs einer veränderten Einsatzkonzeption der Polizei zu verdanken. In einem verstärkten Polizeiaufgebot warteten die Ordnungshüter nun nicht mehr ab, sondern man „bricht jetzt, wenn was erscheint, sofort los und greift zu“. Der schwarze Block sei so leicht herauszugreifen, weil friedliche Demonstranten sich absondern würden. Letztere gingen heute, so Lang, am Sonntag statt am Bauzaun lieber in Schwabing auf und ab.

Einen Meinungs- und Stimmungswandel stellten die bayerischen Verfassungsschützer auch bei den Autonomen fest. Dort habe „sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Zeit der 'großen Feldschlachten‘ vorbei ist, und daß eine 'Massenmilitanz‘ großer Bevölkerungskreise nicht entwickelt werden konnte“. Diese Szene sei daher zu „direkten Aktionen“ übergegangen und greife jetzt verantwortliche Firmen, Institutionen und Einzelpersonen an.

In dem Verfassungsschutzbericht wird dem Linksextremismus fast doppelt so viel Platz gewidmet, wie dem Extremismus von rechts. Dem linksextremen Spektrum werden als orthodox -kommunistische (DKP-nahe) Gruppen zugeordnet, u.a. der Sozialistische Hochschulbund, die Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung und das Nürnberger Friedensforum. Insgesamt zählte der bayerische Verfassungsschutz 1987 13.200 Mitglieder in linksextremen und linksextrem beeinflußten Organisationen, im rechtsextremen Spektrum dagegen nur 4.880 Mitglieder, wobei die Republikaner nicht zugerechnet werden.