Vier Gefangene werden „beruhigt“

■ Nach dem „Fiffi“ kamen die Schlägertrupps

Was Montag, den 13.Juni mit uns hier im Knast gefeiert wurde, war einfach schlimm und grausam. Wir vier waren im selben Betrieb zur Arbeit eingeteilt, schon seit einigen Monaten; wir haben uns dann vor einigen Wochen einen sogenannten „Fiffi“ (Vitaminsaft, Traubenzucker, Hefe) angesetzt und Montag davon getrunken. Also mit Produktion (Knochenmaloche) war nichts mehr. Aber Stunk machten wir nicht, haben in der Sonne gesessen, sind gut und lustig draufgewesen. Unser Arbeitsschließer ist irgendwo auch verständlicherweise ausgeflippt und wollte uns vorzeitg auf Hütte bringen. Ich persönlich hab‘ dagegen protestiert, er soll uns doch bis zum allgemeinen „Feierabend“ dalassen, denn Stress gab's ja eh nicht.

Der Typ telefonierte dann scheinbar mit der Anstalts -Zentrale, die sogleich vier Beamte in Marsch setzte, finstere Blicke, versteckte Drohungen. Denen sagte ich genau dasselbe, sollen uns doch in Ruhe lassen. Naja, jedenfalls sind A. und ich schließlich Arm in Arm mitgegangen. Friedlich! Dafür gibt es glücklicherweise einige Zeugen. Im Zellentrakt mußten wir uns dann trennen, denn wir sind in verschiedenen Flügeln untergebracht. Zu diesem Zeitpunkt wurde im gesamten Zellentrakt der JVA alles unter Verschluß genommen, bis auf wenige zufällige Ausnahmen, auf die ich später noch zu sprechen komme.

Als ich weiter in Richtung meiner Station gebracht wurde, erwarteten mich unterhalb der Zentrale noch einige mir namentlich bekannte Beamte, die, ohne daß ich einen Anlaß gegeben hätte, sofort auf mich einschlugen. Dabei wurden diese Beamten von den vorgenannten Mitgefangenen beobachtet. Dann erst leistete ich, so gut es ging, den mir vorgehaltenen massiven Widerstand, wobei jedoch betont werden muß, daß ich nur sehr laut geschrien und gestrampelt, auch gedroht habe, wobei festgestellt wurde, daß keiner der Schläger irgendwelche Verletzungen davon getragen hat. Worüber ich aus gewissen Gründen sehr froh bin, denn ich bin vorbestraft wegen Körperverletzung. Dem Kollegen, der beobachtete, wie ich fertiggemacht wurde, drohten die Schläger übrigens mit den Worten, „Du hast doch nichts gesehen, oder willst Du auch zwei blaue Augen?!“ Dieser Kumpel ist jedoch bereit, vor meinem Anwalt und gegebenenfalls auch vor'm Kadi seine Aussage zu machen. Es sind eben nicht alle Haftbrüder übel drauf und machen auf „Duckmann“.

Aber weiter, diese Sch... schleiften mich dann gleich in die B-Zelle, wo's auch noch „Haue“ gab. Das konnte jedoch keiner meiner Mitgefangenen sehen. Macht aber nichts, was vorher abging und beobachtet werden konnte, wird schon ausreichen und 'ne Reihe dieser Schließer (hoffentlich) in arge Nöte bringen. Die B-Zelle besteht aus einer Schaumstoff -Matratze und französischem Klo und natürlich mit doppelter Video-Überwachung. Aus Wut und Verzweiflung verstopfte ich mit dem Matratzen-Überzug und den mir verbliebenen Klamotten den Abfluß des WC's, drückte ununterbrochen die Wasserspülung und setzte den Stall unter Wasser. Ich trommelte auch noch 'ne Weile gegen die geschlossene Tür, drohte, schrie und fluchte. Als ich mich später beruhigt hatte, drückte ich den Notruf, verlangte ärztliche Versorgung, Wasser zu trinken, trockene Kleidung oder wenigstens eine Decke. Die Zelle stand ja schließlich unter Wasser, ich war völlig nackt und eine Heizung war auch nicht vorhanden. Meine Bitten wurden jedoch völlig ignoriert, die Rufanlage wurde immer wieder ausgeschaltet. Unter diesen Umständen verbrachte ich knapp 20 Std. in dieser B-Zelle.

Auch die Anstaltsärztin kümmerte sich erst nach 19 Std. um meine Verletzungen. Nun möchte ich noch von J., A. und C. berichten, die, bis auf C., auch 'n guten „Streifen“ über sich ergehen lassen mußten. Mit A. will ich mal beginnen.

A. wurde erst auf seinen Haftraum gebracht, wo er zwar was vollkotzte, sich aber dann zum Pennen auf's Bett legte. Als wenig später mehrere Schließer seine Zelle übervölkerten (er schlief zu diesem Zeitpunkt bereits) und ihm Hand- und Fußfesseln anlegten, ist auch A. geschlagen worden. In diesem ungleichen und gemeinen Handgemenge muß sich ein Bediensteter irgendwie das Handgelenk verstaucht oder gebrochen haben. Mehr konnte mir A. im Vorbeigehen nicht mitteilen. Wir sahen uns gestern, anläßlich der Disziplinarkonferenz, auf die ich später noch eingehen muß. Nun zum J., er wurde später vom Betrieb in's Haus gebracht und ging auch (zwar protestierend) ohne Widerstand zu leisten, mit. Auch dafür gibt es es, dem Himmel sei Dank, einige Zeugen. Auch wurde von Mitgefangenen beobachtet, wie ein Beamter (der auch auf mir rumgeschlagen hat) dem J., ohne daß er irgendjemanden angegriffen häte, ohne Grund einen Schlüssel ins Gesicht geschlagen hat, so daß J.'s Augenbraue aufgeplatzt und später im Kranken-Revier geklammert werden mußte. Auch erst daraufhin hat J. sogenannten Widerstand, also Schreien, Schimpfen, Strampeln und Drohen geleistet. Es wurde auch vor ihm kein Bediensteter irgendwie verletzt. Dem C., er wurde als Letzter vom Betrieb abgeführt, ist glücklicherweise nichts passiert, auch er ging freiwillig mit in den Zellentrakt, scheinbar hatten die Schließer des Spaßes genug und sich genügend ausgetobt.

Über die Disziplinarkonferenz möchte ich euch auch noch kurz was schildern. Wir vier wurden vom Arbeitsbetrieb abgelöst, und es wurden Arreststrafen ausgesprochen (Bunker) halt wegen dem Suff. Soweit ist's ja noch in Ordnung, Verstoß gegen die Hausordnung. Die Frechheit ist nur, bei uns drei Zerschlagenen wird die Sache der StA übergeben, scheinbar, um sich abzusichern. Für uns wird die Sache jedenfalls in dieser Richtung nicht übel ausgehen, denn dieses Mal gibt es Zeugen. Nur mit Ausgang und Urlaub ist wegen dem nun offenen Verfahren leider erst mal Nase, aber wir ziehen die Sache dieses Mal durch, Strafanträge, Dienstaufsichtsbeschwerde, Anstaltsbeirat, und auch an die Grünen werden wir uns wenden. Noch was möchte ich Euch/Dir schreiben, weil ich finde, daß es irgendwo schon interessant ist. Gestern nach der tribunalmäßigen Disziplinarkonferenz suchte mich der Sicherheits-Inspektor in meiner Zelle auf und meinte, daß er sich nach der Konferenz mit einem Kollegen, der da auch anwesend war, über unsere Sache unterhalten hätte und beide einiges doch sehr widersprüchlich finden und der Meinung sind, daß es für die Beamten vor Gericht nicht so gut ausschauen wird.

B.S., J.B., A.R., C.Sch., Kassel