Greenpeace handelte löblich...

... aber „rechtlich nicht möglich“ / Umweltschützer stritten sich mit Nordenhamer Dünnsäurefirma in zweiter Instanz / Entscheidung um Rechtmäßigkeit der Einstweiligen Verfügung von Kronos Titan ergeht in drei Wochen  ■  Aus Oldenburg Ute Scheub

Einen so großen Gesetzestext hatte wohl noch niemand in einen Gerichtssaal mitgebracht. Rund drei Meter lang war das Schild mit einem Auszug aus dem „Hohe See Einbringungsgesetz“, das die Greenpeace zu ihrem Rechtsstreit in zweiter Instanz mit Kronos Titan mitbrachte. Vor einer Zivilkammer des Oldenburger Landgerichts ging es gestern um die Rechtmäßigkeit der Einstweiligen Verfügung, mit der die Nordenhamer Dünnsäurefirma den Umweltaktivisten am 30. Mai verboten hatte, ihrem Verklappungsschiff „Titan“ näher als 200 Meter zu kommen.

Greenpeace hatte das Schiff damals aus Protest gegen die Verklappung mehr als 30 Stunden lang an die Kette gelegt. Die Umweltschützer beriefen und berufen sich dabei auf „Nothilfe“. Gesetze wie das in den Saal geschleppte verböten zwar die Einbringung von Stoffen, wenn dadurch eine umwelt und menschenschädigende „Veränderung der Beschaffenheit des Meerwassers“ entstehe, so Greenpeace, würden aber nicht gegen Firmen wie Kronos Titan angewandt.

Zuerst noch verzog der vorsitzende Richter Gerhard Gärtner das Gesicht: „Wenn Sie das Plakat nicht entfernen...“ Als es hinausgetragen war, begann er jedoch eine Lobrede auf die Rächer der See: Ein Skandal sei, „daß hier jeder meint, er könnte seinen Müll überall hinkippen“. Ein „übler Zustand“ herrsche in der Nordsee. „Die Politiker tun dagegen zu wenig. Das Vorgehen von Greenpeace ist sicher sehr löblich, nur leider rechtlich nicht möglich.“

Gerne ergriffen die VertreterInnen von Greenpeace diese Möglichkeit zur rechtspolitischen Verteidigung. Recht und Moral dürfe nicht auf Dauer auseinanderklaffen, so ihr Rechtsanwalt Michael Günther aus Hamburg. Aber: „Unser großes Problem ist, daß der Rechtsschutz hier vollständig fehlt.“ Ein Fischer, der gegen die Verklappung klagen wollte, hätte den unmöglichen Nachweis erbringen müssen, daß er auf das Verklappungsgebiet als Fischgrund angewiesen sei. Insofern sei hier „Nothilfe“ gerechtfertigt. Außerdem, so der Anwalt weiter, sei die Einstweilige Verfügung sowieso zu Unrecht über einen Nordenhamer Amtsrichter erwirkt worden, da sie sich auf die Weser und somit bremisches Amtsgebiet erstreckt habe.

Die Entscheidung des Gerichts wird am 17.August verkündet.