: Stepke-go-in im Arbeitsamt
■ Bremens Jüngste demonstrierten für Erhalt von Krabbelgruppen / Verlängerung aller ABM-Stellen gefordert / Arbeitsamt fühlt sich für „soziale Bedarfe“ nicht zuständig
Aaahieh! Mammm-ma! Ta-ta-ta! Mit Luftballons, ungiftigen Filzmalern, allerlei Krachwerkzeug und ihren Eltern veranstalten gestern zwei Dutzend Pökse zwischen null und drei Jahren ein go-in ins Bremer Arbeitsamt und forderten mehr pädagogische Aufsicht für sich. Während Bremens Jüngste stolz in Papas Latschen durchs Arbeitsamts-Foyer stiefelten, in die Pampers pinkelten oder unter höllischem Gebrüll auf einen Luftballon im unrechtmäßigen Besitz eines Nebenbuhlers aufmerksam machten, präzisierten die des Lesens und Schreibens mächtigen Eltern die Forderung ihrer Sprößlinge auf einer Wandzeitung: „Bremer Krabbelgruppen fordern...“ (Fragender Blick in die Runde bei einem Plakatmaler: 'Ja, was fordern wir eigentlich‘?) „Verlängerung der ABM -Stellen!“
Rund 20 Anträge des „Verbunds Bremer Krabbelgruppen“ auf Verlängerung oder Neubewilligung einer ABM-Erzieherin
oder - Kinderpflegerin schmoren zur Zeit beim Bremer Arbeitsamt, und dies zum Teil schon seit Wochen. Die ersten ErzieherInnen, die bislang per ABM für die Betreuung der Stepkes gesorgt haben, waren bereits beim Arbeitsamt - um sich arbeitslos zu melden. Zur Verlängerung der ABM-Stellen sah sich das Arbeitsamt bislang nicht in der Lage, angeblich weil eine neue ABM-„Durchführungsbestimmung“ noch fehlt.
In Urlaubsabwesenheit von Arbeitsamtschef Ernst Domino verriet gestern der oberste Stellenvermittler und AA -Abteilungsleiter Pahre den Eltern den eigentlichen Grund der Verzögerung: Weil die ABM-Mittel knapper werden, müsse man sich Kürzungsmöglichkeiten überlegen. Die Krabbelgruppen scheinen dabei ganz oben auf der Liste zu stehen. „Spätestens für 1989 müssen Sie davon ausgehen, daß wir Kindergruppen nicht mehr im bisherigen Umfang fördern“, erklärte
Pahre gestern in der zur Krabbelgruppe auf Zeit umfunktionierten Eingangshalle des Arbeitamts. „Soziale Bedarfe“, unter die die Kleinkindgruppen im Verwaltungdeutsch fallen, müßten stärker hinter „arbeitsmarktpolitischen Effekten“ zurücktreten. Im Klartext: Wenn bei den Krabbelgruppen keine festen Stellen herausspringen, sieht das Arbeitsamt keine großen Chancen für neue ABM-Stellen. Ohne ABM wird es allerdings demnächst überhaupt keine Betreuungsmöglichkeiten mehr für Bremens Jüngste geben. Im Etat von Bremens Sozialsenator Scherf ist für Personalkosten von Krabbelgruppen keine Mark vorgesehen. Scherfs Presseprecher Werner Alfke: „Außer 120.000 Mark Sachmittelkosten für Austattung und Spielzeug ist zumindest in diesem Jahr kein Geld für Krabbelgruppen drin. Wir können auch nur auf eine positive Entscheidung des Arbeitsamts hoffen.“
Klaus Schloesser
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