: IRA kämpft weiter
Richard McAuley, der Pressesprecher von Sinn Fein, zu den letzten IRA-Anschlägen ■ I N T E R V I E W
Berlin (taz) - Die „Irisch-Republikanische Armee“ (IRA) hat in dieser Woche bei vier Anschlägen in Nordirland drei Angehörige der britischen „Sicherheitskräfte“ getötet und zahlreiche verletzt. Damit stieg die Zahl der Todesopfer im Nordirland-Konflikt in diesem Jahr auf 52 Personen. Die taz sprach mit Richard McAuley, dem Pressesprecher des politischen Flügels der IRA, Sinn Fein.
taz: Vier Anschläge in 24 Stunden. Verstärkt die IRA ihre Kampagne?
McAuley: Die Strategie der IRA besteht darin, die Streitkräfte der Krone zu treffen, wann immer sich die Möglichkeit dazu ergibt. Die Anschläge vom Dienstag und Mittwoch unterscheiden sich insofern von anderen Aktionen in diesem Jahr nur dadurch, daß sie erfolgreich waren. Die IRA hat im letzten halben Jahr ihre Aktivitäten schrittweise verstärkt und ihre organisatorische Kapazität und Logistik verbessert.
Es gab in letzter Zeit immer wieder Gerüchte über einen Waffenstillstand der IRA. Glauben Sie, daß die IRA mit den vielen Anschlägen diese Gerüchte widerlegen will?
Nein, das glaube ich nicht. Die Gerüchte sind völlig aus der Luft gegriffen und stammen vor allem aus zwei Quellen: Zum einen von Journalisten, die gegen die IRA sind und Unruhe in der Basis stiften wollen. Zum anderen lancieren die nordirischen Sozialdemokraten die Gerüchte, um ihre Gespräche mit Sinn Fein zu rechtfertigen und die Kritik daran im Keim zu ersticken. Es wird keinen Waffenstillstand geben. Die IRA hatte in den letzten 20 Jahren zweimal einen Waffenstillstand mit der britischen Regierung geschlossen. Beide Male haben die Briten das ausgenutzt, um die IRA politisch und militärisch zu schwächen. Die IRA wird erst dann einen Waffenstillstand eingehen, wenn die Briten erklären, daß sie sich aus Irland zurückziehen werden.
Aus den Reihen Sinn Feins gab es Kritik an Aktionen der IRA. Wie ist Ihre Position dazu?
Verschiedene Sinn-Fein-Führer haben ihre Betroffenheit über Anschläge ausgedrückt, bei denen Zivilisten getötet oder verletzt wurden. Wir sind uns darüber im klaren, daß die IRA die Pflicht hat, das Risiko für Zivilisten so gering wie möglich zu halten.
Die IRA hat die Bevölkerung aufgefordert, sich von britischen Militäranlagen fernzuhalten, weil sie durch die Zivilisten gezwungen sei, bestimmte Operationen aufzugeben. Diese Aufforderung ist doch bei der Allgegenwart britischer Soldaten in Nordirland unrealistisch.
Diese Warnung richtete sich auch eher an die Bevölkerung in Großbritannien und auf dem europäischen Festland. Weite Teile der nordirischen Bevölkerung bemühen sich ohnehin, Abstand zu den Kräften der Krone zu halten. Das ist nicht immer möglich. Die meisten Kasernen und Polizeireviere wurden absichtlich in dicht besiedelte Wohngebiete gelegt, um der IRA einen Angriff zu erschweren.
Führen die IRA-Anschläge zu einer verstärkten sicherheitspolitischen Zusammenarbeit zwischen London und Dublin?
Diese Zusammenarbeit gibt es ohnehin und die IRA richtet ihre Taktik nicht nach möglichen Konsequenzen für die irische Regierung. Sie will die Bedingungen für einen dauerhaften Frieden schaffen, indem sie die britische Armee zum Abzug zwingt und den Weg für nationale Selbstbestimmung in einem vereinten Irland frei macht.
Interview: Ralf Sotscheck
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