REBELLION DER KOTKNECHTE

■ Protestversammlung der Berliner Hundehalter in der Hasenheide

Alle waren sie gekommen, Rentnerinnen mit quiekenden Pinschern, Heavymetal-Fans mit Bulldoggen, Proleten mit putzigen Pudeln, Muttis mit kläffenden Promenadenmischungen, Blockwarte mit Bierpullen und Boxern, die ganze Palette von aufgebrachten Hundehaltern versammelte sich am Sonnabend nachmittag im Hundeauslauf der Hasenheide. Flugblätter waren Tage zuvor verteilt worden, die Medien alarmiert; die Atmosphäre war geladen, denn schließlich ging es sozusagen um die Wurst. Unsere lieben Vierbeiner rasten denn auch wie von Sinnen herum, bellend jaulend jachternd; ein Herr in Jackett und blaugemustertem Hemd stachelte die fast siebzig Leute an. „Sie wissen alle, warum wir hier sind“, hob er schweigengebietend die Arme, „wir fordern die Rücknahme des Kotgesetzes! Senkung der Hundesteuer! Wir fordern die Ausrufung des 14. Juli zum Tag des Hundes! Und wir fordern den Rücktritt des Umweltsenators!“ Und hier schon, nach anfänglichen „Jawoll! Genau! Richtich!„-Rufen und vereinzeltem Klatschen, hier brach ein Beifallssturm los, der weithin über die Hasenheide hallte und nur vom promt einsetzenden Hundegequiekegekläff überboten wurde, das minutenlang anhielt.

„So ein Hundekonzert haick ja noch nie erlebt“, brüllte der Vorredner dazwischen, und alle waren gerührt. In Rudeln stürzten die Köterhundeviecher übereinander her, sich die Seele aus der Kehle bellend. Und dann ruckten die Besitzer gebieterisch an den Leinen, „Aus Hasso, Ruhich Bello“, denn Herr Krüger vom Verband der deutschen Tierfreunde begann zu sprechen. Die Omas reckten die Hälse. Die Alkis ließen ihre Pullen sinken. Hier stand ein Mann, der ihnen aus der Seele sprach.

„Das Maß ist voll!“ dröhnte er gleich mal los. Die angereisten Medienfritzen rückten witternd die Mikrofone näher, als er zur großen Politikerschelte ansetzte. „Sie wollen uns das Letzte an menschlicher Würde wegnehmen und uns zu Kotknechten erziehen!“ schrie er den Massen zu, um sofort die Frage anzuschließen, „Wieviel wollt ihr diesen arroganten Politikern noch in den Hintern stecken?“ Und da war es um die Beherrschung der Berliner Tierfreunde geschehen. „Nüscht mea! Genau! Jawollja! Mit uns kleinen Leuten kann man's ja machen!“ zeterten sie entfesselt und zerrten ihre geliebten und ebenfalls schrecklich aufgeregten Hunde an den Leinen. „Wir sollen den Kot von den Straßen aufheben. Das ist doch der Gipfel der Frechheit!“, quäkte nochmals der Redner empört auf und kam dann mit Visionen von „Maschinen entwickeln, die das machen“. Und wurde wieder von ohrenbetäubendem Hundegebell übertönt. „Hier ist der Einzelne jefracht, um den Politikern zu beweisen, daß sie ohne unsere Stimmen nüscht sind! Manche, die jetzt noch mit schmunzelnder Miene am Rande stehen, werden sich noch wundern!“ Und die Omis reckten ihre dürren Arme hoch, Neuköllner Schlägertypen runzelten finster die Stirn, Familienväter röhrten Hertha-Schlachtgesänge, als die Forderung kam, „die Massen der Tierfreunde zu mobilisieren“. Tatsächlich, setzte Herr Krüger zum Rundumschlag an, sei das „einst so stolze deutsche Volk“ nunmehr völlig auf den Hund gekommen und alles irgendwie Scheiße. Zum Beispiel die Diäten. Der Skulpturenbourlevard. Die AL-Aktionen gegen Sexshops. Daß Bewährungssträflinge nicht ihren Führerschein machen dürfen. Daß Bubi Scholz bevorzugt wird. Das sei nämlich alles Scheiße. „Wenn man uns schon zwingen will, Kot zu beseitigen“, brüllt er drohend in die aufgepeitschte Menge, „dann wollen wir mal richtich ausmisten!“ Nicht enden wollte daraufhin das Beifallsgejohle, erhitzte gerötete Gesichter, ein einig Volk. „Es müssen eben fähigere Leute ans Steuer!“ Und abschließend, nach ekstatischen Jubelrufen, die an andere scheißbraune Zeiten erinnerten, rezitierte der Redner langsam die Verse „Daß mir der Hund das Liebste sei, sagst du, o Mensch, sei Sünde. Der Hund bleibt mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.“ Und alle sprachen das Gebet murmelnd mit, all die vom Leben enttäuschten, von den Politikern betrogenen und von ihren Mitmenschen angeschissenen Hundehalter, denen der letzte Trost nun auch vermiest wird. Aber von nun an werden sie sich wehren. Vor allem, weil sie ja gar nicht schuld sind an dem ganzen Dreck auf der Straße. „Die Besoffenen in der Dieffenbachstraße scheißen ja auch überall hin“, erhob eine ältere Dame anklagend ihre Stimme, und eine Pudelbesitzerin ergänzte: „Die Kinder von diesen Ausländern machen ja auch auf die Straße!“ Und plötzlich wollte jeder was sagen, die ganze geballte Wut rausheulen, und alle scharten sich um die bereitwillig hingehaltenen Mikrofone der Volkspresse. Und einer dröhnte unheilsschwanger: „Wir wer denen mal orntlich uff de Füße kacken. Wern wa!“

Olga O'Groschen

„Junge Hunde und Schoten“ ist in Sachsen eine der redensartlichen Antworten auf die Frage, was es zum Mittagessen gebe, wohl mit Anspielung auf das ungeduldige Zappeln der Fragenden, doch in Oberbayern heißt eine Mehlspeise tatsächlich „nackte Hündin“. Um den Hund an Haus und Herrn zu gewöhnen, reicht man ihm ein Brot, auf das man dreimal gespuckt, es gekaut oder mit seinem Schweiß getränkt hat.“ „In das Bad eines Kindes legt man einen Hundeschädel.“

D. K.

Man setzt dem Hund einen Teller Milch vor, trinkt zuerst davon und spricht dann: 'Prost Hund, du krank und ich gesund‘. Wird dies dreimal wiederholt, bekommt der Hund die Krankheit.“

D. K.