Startbahn: Anklage gegen Semisch

■ Vorwurf "Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung" / Semisch soll Bekennerschreiben verfaßt haben / BAW beantragt gemeinsame Verhandlung gegen Semisch, Eichler, Hoffmann und andere Beschuldigte

Berlin (dpa/taz) - Generalbundesanwalt Rebmann hat gegen den 29jährigen Andreas Semisch Anklage vor dem 5.Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt erhoben. Wie die Bundesanwaltschaft (BAW) gestern mitteilte, wird Semisch vorgeworfen, „spätestens seit August 1986 Mitglied in einer terroristischen Vereinigung“, der sogenannten „Gruppe Eichler“, gewesen zu sein.

Eichler wird ebenso wie der 24jährige Mörfelden-Walldorfer Frank Hoffmann des zweifachen gemeinschaftlichen Mordes an zwei Polizisten an der Frankfurter Startbahn West im November 1987 beschuldigt. Zudem lastet die Bundesanwaltschaft Eichler die „Rädelsführerschaft der Gruppe“ an.

Die BAW erklärte gestern, Semisch sei ihren Erkenntnissen nach in der sogenannten „Gruppe Eichler“ hauptsächlich für das Verfassen von Bekennerschreiben verantwortlich gewesen.

Wie der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Förster, gegenüber der taz erklärte, wird Semisch angelastet, die „Selbstbezichtigungsschreiben vor der Tat in Kenntnis der Tatumstände und entsprechend der vereinbarten arbeitsteiligen Vorgehensweisen“ verfaßt haben. Laut BAW wird Semisch zudem verdächtigt, am 8.November 1986 von Eichler eine „geraubte Polizeipistole übernommen zu haben, „um sie für sich zu behalten oder später an Eichler oder eine andere Person weiterzugeben.“

Die Waffe war am 8.November 86 auf einer Anti-AKW -Demonstration in Hanau einem enttarnten Zivilbeamten abgenommen worden. Aus dieser Waffe wurden im November 1987 die tödlichen schüsse an der Startbahn abgegeben. Wie die BAW gestern erklärte, soll Semisch die Waffe bis April 1987 verwahrt haben und dann an ein „anderes Mitglied der Vereinigung“ weitergegeben haben.

Sollten diese Verlautbarungen zutreffen, müßte die BAW umfassende Erkenntnisse über den Weg der Waffe zwischen November '86 und '87 haben. Die Aktionen der sogenannten „Gruppe Eichler“ seien langfristig geplant gewesen, so die BAW.

Nach den Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft seien „Anschlagsziel und Tatausführung“ mit Zustimmung aller Tatbeteiligten festgelegt worden. Die Bundesanwaltschaft hat beantragt, die Anklage gegen Andreas Semisch zusammen mit den Vorwürfen gegen Eichler, Hoffmann und andere Personen zu verhandeln.