Freiburg will keine lange Siesta

■ Kabinett in Stuttgart beschließt Verlängerung der Mittagspause / Regelung soll auch für ArbeiterInnen und Angestellte gelten / Freiburgs Oberbürgermeister kündigt Widerstand an

Stuttgart (ap/taz) - Das baden-württembergische Kabinett hat am Dienstag abend wie angekündigt die Verlängerung der Mittagspause für Beamte ab 1.April 1989 beschlossen. Damit will die Regierung des Südwest-Landes die Wirkungen der im Frühjahr für den Öffentlichen Dienst vereinbarten Arbeitszeitverkürzung soweit wie möglich umgehen. Inzwischen hat auch die niedersächsische Finanzministerin Birgit Breuel erkennen lassen, das Vorgehen Baden-Württembergs könne auch für ihr Bundesland „eine Lösung sein“. Der Freiburger Oberbürgermeister Rolf Böhme (SPD) kündigte dagegen an, er werde sich nicht an die Stuttgarter Kabinettslinie halten und auf kommunaler Ebene mit dem Personalrat andere Lösungen vereinbaren. Die Arbeitszeitverkürzung solle für die Beschäftigten spürbar sein und „als Ganzes“ wirken. Neue Planstellen versprach jedoch auch er nicht.

Der Stuttgarter Regierungssprecher Zach kündigte an, die Regelung für die 70.000 Landesbeamten solle auch für die Arbeiter und Angestellten des Landes übernommen werden. Es komme darauf an, die Arbeitszeitverkürzungen (eine Stunde ab 1.4.89, eine weitere halbe Stunde ab 1.4.90) so „sparsam“ wie möglich umzusetzen. Es werde im Land nur etwa 800 neue Stellen im Schichtdienst bei der Polizei, im Strafvollzug und im Krankenhausbereich geben.

Ganz reibungslos dürfte der Stuttgarter Regierungsbeschluß nicht umzusetzen sein. Während für den Beamtenbereich eine einfache Kabinettsentscheidung ausreicht, gilt für die Arbeiter und Angestellten das Mitbestimmungsrecht laut Betriebsverfassungs- bzw. Personalvertretungsgesetz. Danach haben die Betriebs- und Personalräte ein Mitbestimmungsrecht bei allen Arbeitszeitregelungen. Die Gewerkschaft ÖTV hat bereits angekündigt, ihre Betriebs- und Personalräte zu einer möglichst arbeitsmarktwirksamen Umsetzung der vereinbarten Wochenarbeitszeitverkürzung anzuhalten. Einen neuen Vorstoß gegen Beamten-Besitzstände wagte gestern der nordrhein-westfälische Kultusminister Schwier (SPD). Er schlug vor, Lehrer in Zukunft nur noch als Angestellte einzustellen, denn mit der Einführung des EG-Binnenmarktes 1992 müßten für deutsche und ausländische Lehrer gleiche Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten geschaffen werden. Nach deutschem Recht dürfen nur deutsche Staatsangehörige Beamte werden.

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