Adria ade

■ Die Dialektik des Massentourismus

An der adriatischen Seite des italienischen Stiefels soll also nun etwas in Bewegung kommen - nicht nur der Algenteppich, den tatsächlich der nächste Sturm wieder auseinandertreiben wird, sondern auch die Sanierung eines der verschmutzesten Meere Europas. Möglich gemacht hat diese Entscheidungen der italienischen Regierung weniger ein neuerwachtes ambientales Denken, sondern skurrilerweise gerade jene Massentourismusindustrie, die ihrerseits weitgehend Schuld trägt an der Zerstörung und Verschmutzung von Italiens Küsten.

Ausschließlich die Alarmmeldungen aufgrund bündelweiser Buchungsstornierungen und totale Vertragsauflösungen großer Reiseveranstalter hat Roms Herrscher aus dem trägen Dösen im klimatisierten Urlaubsdomizil zurückgeholt. Mitten in der Saison, wo sonst zufrieden die Moneten gezählt und Pläne für weitere Schwarzbauten geschmiedet werden, schreien die Hoteliers und Dünenzementierer nach sauberer Umwelt und Schutzmaßnahmen fürs gefährdete Meer.

Fraglich ist allerdings, wie lange die seltsame Koalition aus Ambientalisten und Gästeausbeutern hält. Während die Grünen unter Sanierung auch eine fühlbare Reduzierung des Massentourismus verstehen, werden die Ferienbosse nur so lange für Umweltschutz sein, wie die Urlauber tatsächlich Druck machen - durch Nichtpräsenz. Vielleicht könnten sich die vielen auch grünen Südhungrigen aus der BRD klarwerden, daß nicht nur die Nordsee verschmutzt ist - und daß man durch Boykott notorisch umweltfeindlicher Zonen auch im Ausland positive Ansätze unterstützen kann.

Werner Raith / Rom