Polizei-Import für IWF-Bosse

■ Zur IWF-Tagung werden 2.500 Polizisten als Verstärkung nach Berlin geholt / Statusrechtliche Probleme und Waffen-Transporte werden mit Hilfe der Allierten gelöst

Den diesjährigen Höhepunkt der Senatsinszenierung „Berlin Bullenhauptstadt Europas“ wird die Jahrestagung von IWF und Weltbank vom 27. bis 29.September bilden. Ab Mitte kommenden Monats werden über die Transitwege rund 2.500 Polizei- und Kripobeamte aus sieben Bundesländern nach West-Berlin einreisen. Wie gestern im SFB zu hören war, sollen die zugereisten Beamten zusammen mit mindestens 3.500 Berliner Kollegen aus den Einsatzbereitschaften und der Kripo den Schutz der hohen Herren aus Kapital und Politik während der Tagung garantieren. Bundesdeutsches Polizei-Notopfer für Berlin ist nicht neu, aber in dieser Größenordnung einmalig. Während des Reagan-Besuchs im Mai letzten Jahres hatte Kewenig den Import von nur 1.000 westdeutschen Polizisten für notwendig gehalten. Wie bei dem Polizei-Import aus den Bundesländern die statusrechtlichen Probleme umschifft werden, dokumentiert der nachstehende Beitrag aus der Zunft -Zeitschrift 'Bereitschaftspolizei - heute‘. Es kann davon ausgegangen werden, daß auch die diesjährige Reise nach Berlin derart abgewickelt wird.

Um die „Wessi-Bullen“ diesmal besser auf die „Berliner Verhältnisse“ vorzubereiten, sind bereits etliche Hundertschaftsführer aus der BRD mit Berliner Kollegen Streife gefahren oder wurden in Bussen durch den Kreuzberger Kiez gekurvt. Beim letzten Berlin-Besuch der Provinzpolizisten mußte sich eine Einheit aus Bayern von Passanten erklären lassen, wie sie zum Randale-Zentrum in die Kreuzberger Oranienstraße kommen könnten. Zu den offiziell zugereisten Polizeikontingenten gesellen sich mindestens noch weitere 1.000 waffentragende Body-Guards, die für den persönlichen Schutz der prominenten Banker zuständig sind und von denen mitgebracht werden.

Auch die Alliierten sind mit von der Partie: Sie besorgen über die Flughäfen Tempelhof und Tegel das unkontrollierte Einfliegen von Waffen und Gerät der bundesdeutschen Polizeitruppen. Die zusätzlichen Beamten wird der Innensenator brauchen, um seine geplanten drastischen Maßnahmen durchführen zu können: Neben der bereits angekündigten möglichen erneuten Absperrung von Kreuzberg beabsichtigt die Polizei, auch ganze Straßenzüge während der An- und Abfahrt der Banker von ihren Hotels zur Tagungsstätte im ICC hermetisch abzuriegeln. Das gleiche sieht die Polizei auch für den Abend vor, wenn die „hohen Tagungsteilnehmer mit ihren Gattinnen“ Berlin als „Kulturstadt Europas“ goutieren wollen. Weiterhin geplant sind zusätzliche „Vorkontrollen“ an den Grenzübergängen Dreilinden und Heiligensee. Schon jetzt wird die Tagungsstätte, das Internationale Congress-Centrum (ICC) am Funkturm, rund um die Uhr von einer halben Hundertschaft der Polizei bewacht. Auch mehrere große Hotels in der City, in denen die Banker wohnen werden, stehen mittlerweile unter Polizeischutz.

Über den geplanten polizeilichen Belagerungszustand im September will bislang weder die Polizei noch Berlins Innensenator Auskunft geben. Der Pressesprecher des Innensenats, Birkenbeul, bestätigte die Informationssperre zu allen Sicherheitsmaßnahmen anläßlich der Weltbanktagung, kündigte aber für die „nächste Zeit eine Pressekonferenz zu diesem Thema“ an.

Der Kreuzberger Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes scheint allerdings schon fest mit polizeilichen Absperrmaßnahmen im September zu rechnen. In einem internen Rundbrief an seine Angestellten wird neben einer Reihe von formalen Informationen auch auf einen möglichen Ausnahmezustand hingewiesen. So heißt es unter Punkt acht des Schreibens: „Nach unseren Informationen wird zum Weltbank-Kongreß im September 1988 Kreuzberg polizeilich abgesperrt. Wir bitten Sie deshalb, in dieser Zeit auf jeden Fall Ihren Dienstausweis (bitte überprüfen Sie die Gültigkeit des Ausweises) dabei zu haben.“ Auf Anfrage der taz dementierte der Landesverband des DRK jedoch die Aussage, Kenntnisse über Straßenabriegelungen zu haben. Die Verfasserin des Schreibens sei „nicht zu solchen Äußerungen befugt“ gewesen, betonte die DRK-Pressesprecherin gestern.

Till Meyer/Annette Schmitt