JU-Chef spielt große Politik

■ Zurück aus Südafrika, fordert Gunnar Sohn ein Goethe-Institut für den Apartheidstaat / Der Nachwuchspolitiker lädt „Oppositionsgruppe“ ein, die mit der südafrikanischen Sicherheitspolizei zusammenarbeitet / Landowsky hat alles gewußt

„Von einigen Leuten, die wir da besucht haben, bin ich als Kommunist beschimpft worden, weil ich die Polizeieinsätze in Südafrika kritisiert habe!“, trumpfte der Landesvorsitzende der Berliner Jungen Union, Gunnar Sohn, gestern auf einer Pressekonferenz auf. Der CDU-Nachwuchspolitiker hatte gemeinsam mit drei anderen JU-Kollegen drei Wochen auf Kosten des Botha-Regimes im Apartheidstaat verbracht und war am Wochenende zurückgekehrt.

Als konkretes Ergebnis der Reise kündigte Sohn für den September einen Besuch der „schwarzen Menschenrechtsorganisation INKATHA“ an. Die konservative Zulu-Organisation war vor allem im letzten Jahr für blutige Auseinandersetzungen mit linken Oppositionsgruppen verantwortlich, sie arbeitet sogar mit der südafrikanischen Sicherheitspolizei zusammen. Kontakt zu linken Oppositionellen - beispielsweise Sympathisanten des ANC hatten Sohn und seine Truppe nicht.

Sohn, der wegen des kostenlosen Trips ans Kap vom Bundesvorstand der JU gemaßregelt und von Berliner Landesvorstandsmitgliedern heftig angegriffen worden war, gab sich auf den ersten Blick moderat und liberal. Während er auf der einen Seite unter anderem für eine Freilassung Mandelas plädierte, die Aufhebung einer getrennten Schulerziehung von Schwarzen und Weißen sowie die Abschaffung der Todesstrafe forderte, setzte sich der JU'ler aber gleichzeitig für die Einrichtung eines Goethe-Instituts in Südafrika ein. Damit trat er wieder kräftig in den Fettnapf: Denn dieser „Vorschlag“ läuft entsprechenden Vereinbarungen der Bonner Regierungsparteien klar zuwider. Erst am Sonntag, kurz nach seiner Ankunft also, wurde Sohn deshalb auf einer Bundesausschußsitzung der JU kräftig vom Bundeschef Christoph Böhr dafür gescholten. Nach dem Südafrika-Trip ist der Berliner Landesverband in der Bundes -JU politisch isoliert mehr denn je.

Wirtschaftliche Boykottmaßnahmen kommen für Sohn als Druckmittel auf das Regime nicht in Betracht. „Das würde nur die Rechts- und Linksextremisten stärken!“, meinte er. Obwohl der „von Botha eingeleitete Reformprozeß zum Stillstand gekommen“ sei, sehe er keine andere als eine „gewaltfreie“ Lösung für das Land. Sohn wörtlich: „Bei einer Revolution von links würde das Land im Chaos versinken!“ Und für den Fall, daß die faschistische Conservative Party an Einfluß in der Regierungspolitik gewinne, kündigte der Nachwuchspolitiker „den Untergang“ des Landes an. Deshalb müßten „die moderaten und reformorientierten Kräfte“ gestärkt werden. Daß INKATHA zu den rechten Gruppierungen im Lande gehört, will Sohn „so nicht sehen“. Während der Reformflügel der JU erst durch die Zeitung von der Reise erfuhr, wußte der CDU-Landesgeschäftsführer Landowsky schon einen Monat vor Abflug Bescheid. Sohn: „Der hat das zur Kenntnis genommen. Mehr hat er nicht gesagt.“ Der Landesgeschäftsführer der SPD, Hans Kremendahl, hat Landowsky und Diepgen gestern nachmittag unter Bezugnahme auf Sohns Pressekonferenz aufgefordert, dafür zu sorgen, daß in der JU demokratische Gesinnung zur Durchsetzung kommt. Kremendahl: „Das Plädoyer der JU für eine Beendigung der Sanktionierungspolitik gegenüber Südafrika zeigt, daß das Apartheidregime mit seiner Einladung an Sohn und Konsorten sein Ziel erreicht hat.“

CC Malzahn