Polnische KP auf Kurs

■ Vereinigte Arbeiterpartei zieht keine personellen und politischen Konsequenzen aus der innenpolitischen Krise

Berlin (dpa/ap/taz) - Bei der Sitzung des ZK der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei am Wochenende ist es weder zu bedeutenden personellen Veränderungen noch zu einer endgültigen Entscheidung über die politische Linie der Partei gekommen. Während das für Wirtschaftsfragen zuständige Politbüromitglied Bakar eine Verstärkung des Konsums zu Lasten von Investitionen angekündigt hatte, erteilte sein Kollege Czyrek der Hoffnung auf eine Wiederzulassung der verbotenen Gewerkschaft Solidarnosc eine Absage.

Er schlug die Bildung eines „Rates der nationalen Verständigung“ vor, der nach dem Vorbild des bereits bestehenden Konsultativrats aus der von Innenminister Kiszak vorgeschlagenen Gesprächsrunde mit Vertretern der polnischen Gesellschaft hervorgehen soll. Zugleich schlug er auch die Einrichtung einer zweiten Parlamentskammer vor. Die einzigen personellen Verschiebungen brachten eine leichte Unterstützung des Reformerflügels. Bakar wurde zum Vorsitzenden der Gesellschaftspolitischen Kommission des ZK gewählt, und Mieczyslaw Rakowski übernahm den Vorsitz der Propagandakommission des ZK. Der polnische Parteichef Jaruzelski sagte in seiner Rede, daß es Aufgabe des Parlaments sei, im September die Arbeit der Regierung zu beurteilen. Es bestehe auch die Notwendigkeit, in der Parteiführung Änderungen vorzunehmen. Auf die Fragen nach den Teilnehmern am „runden Tisch“, antwortete Regierungssprecher Majka: „Man sollte diesen runden Tisch nicht auf Herrn Walensa beschränken.“ Seine Teilnahme hänge davon ab, ob er das Recht akzeptiere. Solidarnosc-Sprecher Michnik warf inzwischen dem Parteichef fehlenden politischen Mut vor. Jaruzelskis Rede enthalte kein deutliches Angebot, aber auch keine Drohung. Alles hänge vom Kräfteverhältnis in der Partei ab. Im Kohlerevier von Jastrzebie streikte nur noch die Zeche „Julimanifest“. In Stettin sind Gespräche zwischen Vertretern der Werftarbeiter und der Werftleitung abgebrochen worden. Eine Ausweitung erfuhr der Konflikt in Stalowa Wola. Dort schlossen sich den bereits streikenden Stahlarbeitern am Montagmorgen fünf- bis sechstausend von insgesamt 18.000 Kollegen an.

Klaus Bachmann/BK