„Katastrophen sind programmiert“

■ Harry Kunz, Tieffluggegner und Mitglied des Landesvorstandes der Grünen in Nordrhein-Westfalen zum Flugtag in Ramstein

I N T E R V I E W

taz: Sie sind in den letzten Jahren bei Protestaktionen gegen die Flugschau in Ramstein mehrfach festgenommen worden. Fühlen sie sich bestätigt?

Harry Kunz: Wir haben die Proteste gegen den Flugtag in Ramstein vor allem auf dem Hintergrund der drohenden Nachrüstung durchgeführt. Wir wollten darauf hinweisen, daß durch solche Flugschauen eine gigantische Verharmlosung des Krieges und des Militarismus betrieben wird und daß in der Region Westpfalz schon im Frieden ein Vorstadium des Krieges stattfindet. Diese Position hat sich nun auf schauderhafte Weise bestätigt. Man muß aber auch klar sagen, daß solche Unfälle nicht neu sind.

Ob Tiefflug oder Flugschau; müssen wir künftig mit ähnlichen Katastrophen rechnen.

Von solchen Flugschauen geht sicherlich ein höheres Gefährdungspotential aus. Aber auch die Kerngebiete militärischer Luftübungen in der Bundesrepublik, zu denen insbesondere die Westpfalz gehört, sind einer besonderen Gefährdung ausgesetzt. Mit einem bloßen Verzicht auf militärische Flugschauen ist es nicht getan. Es müssen endlich Konsequenzen in Richtung auf ein generelles Tiefflugverbot gezogen werden.

Der Bundesverteidigungsminister hat bis gestern den Sinn von Flugtagen und Tiefflugübungen hochgehalten. Ohne sie, glaubt er, wären die Russen schon da.

Ich denke, daß sich die Bevölkerung entscheiden muß: ob sie einen Krieg im Frieden will, oder ob sie die Maßnahmen trifft, um auf die Tiefflüge ganz zu verzichten. Für eine Militärorganisation, die rein defensiv ausgerichtet ist, sind Tiefflüge nachgewiesenermaßen nicht notwendig. Die wesentliche Frage ist, ob wir uns im wahrsten Sinne des Wortes totverteidigen wollen. Hier gibt es einen eindeutigen Umdenkprozeß in der Bevölkerung. Es kommt nun darauf an, diesen Protest in politische Entscheidungen umzumünzen.